Gottesdienst

Gottesdienst – Begegnung und Lebensgestaltung

Texterklärung

Die Übersetzung „Gottesdienst“ geht im Neuen Testament auf die zwei griechischen Worte zurück: „latreia“ und „leitourgia“. Die dazugehörigen Verben werden jeweils mit „dienen“ übersetzt.
 „latreia“ wird weitgehend für den inneren Gottesdienst des Herzens gebraucht.
„leitourgia“ wird im Neuen Testament wie in der griech. Übersetzung des Alten Testamentes (Septuaginta LXX) fast ausschließlich im kultisch-sakralen Sinn gebraucht.

Das Stichwort Gottesdient wird sehr schnell mit der sonntäglichen liturgischen Veranstaltung in Verbindung gebracht. In einigen Prophetenschriften des Alten Testaments  wird aber schon gewarnt, dass Gottesdienst und Leben eine Einheit bilden müssen. Deshalb spricht Paulus in Römer 12,1 vom vernünftigen Gottesdienst, der sich in einer Lebenshaltung des Dienens entfaltet.

Die Grundlage des Gottesdienstes

Ein Gottesdienst in der Kirche beginnt mit dem Votum: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Damit wird klar, der Gottesdienst geht nicht vom Menschen aus (vgl. Ps 100). Wo wir als Menschen am Gottesdienst beteiligt werden, geht es um die Antwort auf das, was Gott bereits getan hat. In der Liturgie wird deutlich, dass wir als Sünder mit der Bitte „Herr erbarme dich!“ vor Gott kommen. Der Schritt in seine Nähe ist nur im Blick auf das stellvertretende Leiden und Sterben Jesu am Kreuz zu wagen. Gott dient uns, indem sein Sohn unser aller Diener geworden ist. Wir loben ihn und lassen uns zum Dienst beauftragen.

Die Gemeinschaft im Gottesdienst

Waren Sie schon einmal in einem Fußballstadion? Dort erleben Sie das Spiel auf dem Rasen viel unmittelbarer. Die Fans feuern ihre Mannschaft an und sind ganz hineingenommen in das Geschehen. Ein Spiel am Fernsehen bringt mir zwar die Szenen näher, aber ein Anfeuerungsschrei als Fernsehzuschauer kann keinen Spieler motivieren, er schreckt allenfalls die Nachbarn auf.
Live dabei sein ist etwas anderes, als nur entfernt teilzunehmen. In Apg 2, 42-47 lesen wir, wie sich die Gläubigen getroffen haben, um miteinander auf die Lehre der Apostel zu hören, gemeinsam zu beten, zu essen und Abendmahl zu feiern. Christsein lebt nicht nur von der Beziehung zwischen dem Einzelnen und Gott, sondern auch aus der Beziehung zu den Glaubensgeschwistern. Christusbegegnung live - hier erlebe ich Zuspruch und Segen, den ich mir nicht selber sagen kann. Viele Kranke und Alte sehnen sich gerade danach und vermissen die Gemeinschaft im Gottesdienst.
Christsein ohne die Gemeinschaft mit anderen Christen ist nicht denkbar. Wen es zu Christus zieht, den zieht es auch zur Gemeinde. Hier ist der gemeindliche Pulsschlag zu spüren. Der Hebräerbrief warnt vor der Aufkündigung dieser Zusammenkünfte (…und lasst uns aufeinander Acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen… Heb 10, 24f).

Die vielfältige Einheit des Gottesdienstes

Über Gottesdienstformen und –zeiten lässt sich trefflich streiten. Schon Luther unterschied in seiner Vorrede zur Deutsche Messe drei Formen des Gottesdienstes. In der Vereinbarung mit der Lutherischen Kirche in Bayern werden die Gemeinschaftsstunden ebenfalls als Gottesdienste bezeichnet. Die Vielfalt der Formen muss aber nicht trennend sein, erreichen wir doch gerade dadurch ganz unterschiedliche Menschen. Wohl aber muss immer wieder der innere, einende Zusammenhang im Blick sein und entsprechend gestaltet werden.

Die Ausgestaltung des Gottesdienstes im Leben

„Die eigentliche Liturgie der christlichen Gemeinde ist ihre Diakonie“.Liturgie und Diakonie, beide Worte stehen für „dienen“ - kein attraktives Wort. Wer dient ordnet sich einem anderen unter, opfert sich auf für andere. Es steht so ganz gegen den Trend. Aber gerade darin zeigt sich der Gottesdienst des Alltags, in der Hingabe. Wer sich aber hingibt, muss anderes aufgeben: die eigenen Lebensplanung, Geld, Zeit, das bequeme Leben… (vgl. Röm 12,1). Weshalb sollten wir das tun? Weil unser Dienst für Gott sich immer an seinem Dienst für uns orientiert!

Günter Blatz, Gemeinschaftsinspektor, Beutelsbach

Text aus dem Magazin "Gemeinschaft" 3/2014