3. Mose 16

„So ist Versöhnung“

Ein Thema begegnet dem Bibelleser auf Schritt und Tritt: die Sünde. Auch Israel, von Gott zum Bund berufen und mit seinem Willen durch die Gebote vertraut, konnte nicht ohne Sünde leben. Damit stellt sich die Frage, wie Gott mit der Sünde umgeht. Gibt es die Möglichkeit zur Vergebung, oder bedeutet die einmal begangene Sünde das Ende der Gottesbeziehung?
Die Antwort gibt Gott selbst. Er richtet für Israel die Möglichkeit zur Vergebung ein; zum einen durch die Sünd- und Schuldopfer (3Mo 4-5), zum anderen durch den großen Versöhnungstag (3Mo 16). Vergleicht man beide Einrichtungen, so fallen viele Parallelen auf. Man kann sagen: der Versöhnungstag ist ein besonderes, ein gesteigertes Sündopfer für ganz Israel. Einige Merkmale dieser Sühne wollen wir betrachten.

1. Umfassende Sühne ist notwendig
Das Kapitel beginnt mit Regelungen für die Priester. Ausgangspunkt ist der Bezug auf ein Fehlverhalten von zwei Söhnen Aarons (16,1; 10,1-2). Am großen Versöhnungstag vollzieht der Priester zuerst die Sühne für sich und sein Haus (19,6). Der Priester ist also kein sündloser Mittler zwischen Gott und Israel. Er selbst bedarf der Sühne. Sodann geht es um die Sühnung des Heiligtums (19,16). Weil das Heiligtum inmitten sündiger Menschen ist, ist es von deren Unreinheit mit betroffen und bedarf der Sühnung. An dieser Stelle wird deutlich, was es bedeutet, dass der heilige Gott dennoch in der Mitte seines Volkes wohnen möchte. Dann geht es um die Sühne für das ganze Volk (19,17). Hier bestätigt sich die Feststellung: „Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten“ (Röm 3,23).

2. Sühne geschieht durch Stellvertretung
Wie kommt es zur Sühne? Indem der sündige Mensch stellvertretend für sich und seine Schuld ein Opfer darbringt. Beim Sündopfer sind es in aller Regel Tiere, abgestuft nach den finanziellen Möglichkeiten. Für den ganz Armen reicht auch Mehl (5,11). Beim großen Versöhnungstag sind es Tieropfer. Der Aspekt der Stellvertretung kommt auch beim Gestus der Handauflegung zum Ausdruck (19,21f). Der Priester soll auf den Bock seine Hände legen und die Missetat Israels bekennen. Dann trägt der Bock die Sünde. Sünde wird so beseitigt, indem sie von einem Anderen – im AT in der Regel von einem Tier – stellvertretend getragen und so den Opfernden nicht mehr angerechnet wird.

3. Sünde kommt mit dem Heiligen nicht in Berührung
Das Besondere am großen Versöhnungstag sind die zwei Böcke (19,8-10). Der Bock, dem der Priester die Hände auflegt und Israels Sünde bekennt, wird in die Wüste getrieben. Daran wird deutlich: Die Sünde kommt mit dem Heiligtum und damit mit Gott nicht in Berührung. Einen vergleichbaren Vorgang gibt es beim Sündopfer. Ein Teil des Opfertiers wird außerhalb des Lagers verbrannt. Darunter auch der Kopf, auf den der Priester die Hände gelegt hat (4,4.11f). Gott hat keine Gemeinschaft mit der Sünde.
Ist dies der Grund, warum Jesus draußen vor der Stadt und nicht im Tempel starb? Ist dies der Grund, warum Jesus in seiner Todesstunde rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Der große Versöhnungstag zeigt, wie ernst Gott die Sünde nimmt. Er zeigt aber auch, dass Gott Sühne, Versöhnung und Vergebung möglich macht.

Fragen:
· Haben Tieropfer echte Vergebung gewirkt, oder sind sie eine Vorschattung auf Jesu Opfer, das rückwirkend auch für das AT gilt?
· Was sind die Parallelen zu der von Jesus bewirkten Sühne? Was sind die Unterschiede?

Pfarrer Hartmut Schmid

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
· Eine Runde "Schwarzer Peter" spielen (evtl. als kleines Anspiel) und anschließend darüber sprechen. Was lernt man hier "fürs Leben"? Einer hat am Ende den "schwarzen Peter" und wird so zum "Sündenbock". Anschließend erst den Text lesen und klären, was es mit dem "Sündenbock" auf sich hat.
> Jesus wird für uns zum "Sündenbock", der unsere Schuld trägt!
· Beispielgeschichte: Ein König erlässt ein Gesetz, das Alkohol verbietet. Wer dennoch beim Trinken erwischt wird, soll ausgepeitscht werden. Kurz darauf wird seine Mutter auf frischer Tat ertappt und muss vom König verurteilt werden. Als es zur Auspeitschung kommen soll, entblößt der König seinen Rücken und lässt sich selber schlagen.
· Andere Möglichkeit: Wir feiern Jom Kippur (Versöhnungstag). Impulse dazu in "Feste Israels", Yaacov Zinvirt (Hänssler) oder "Feste Israels", Alfred Burchartz (Aussaat).