2.Mose 33,12-23

Herzenswunsch: Gottes Herrlichkeit sehen

Es war ein trostloses Wort nach einer gottlosen Tat. Das Volk, das sich von seinem Gott losgesagt und dem goldenen Stierbild geopfert hatte, ist Gott wirklich los geworden. Gott versagt Israel seine Gegenwart (33,3): „Ich selbst will nicht mit dir hinaufziehen ..,. ich würde dich unterwegs vertilgen.“ Was für ein hartes Wort! Was für ein heiliger Gott! – Dieses Wort fährt Mose durch Mark und Bein. Es trifft ihn ins Herz. Es ist ja das Wort eines Freundes, des heiligen Freundes (33,11), der mit seinem störrischen Volk nicht mehr Gemeinschaft haben kann und will. Aber Mose kann und will sich damit nicht abfinden. Er ringt mit seinem Freund. Er bedrängt ihn. Und das erste, was er ihm vorhält, ist dessen eigenes Wort: „Siehe, du sprichst zu mir ...“

Der heilige Freund
So kann man nur mit einem Freund rechten. So können wir mit Gott ringen und rechten. So dürfen wir beten: Gott sein eigenes Wort vorhalten. Seine Verheißungen. Seine Zusagen. Seine Heilsversprechen. Diese Gnadenworte halten wir Gottes Gerichtsworten entgegen. Der Beter von Psalm 27,8 macht es uns vor und lässt uns beten wie Mose: „Mein Herz hält dir vor dein Wort: ‚Ihr sollt mein Antlitz suchen.’ Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz.“

Auch wenn Gott sich abwendet – Mose ringt um Gottes Zuwendung. Auch wenn Gott uns absagt – ringen wir um Gottes Zusage. Auch wenn Gott uns richtet – ringen wir um eine heilsame Zukunft in der Gottesnähe. Wir dürfen so unverschämt bitten wie Mose. Denn auch wir sind Gottes Freunde (Joh 15,14f). Er selbst hat uns zu Freunden gemacht.

Der treue Freund
„Lass mich deinen Weg wissen!“ Das erfleht Mose von Gott. Er will einen Einblick in Gottes Plan. Mitten in einer verfahrenen Lage seines schuldigen Volkes sucht er den Durchblick. Er bittet um den Ausblick, wann Gott wieder gnädig sein wird, wann er wieder vergeben wird. Energisch und nachdrücklich trägt er seine Bitten vor. Und das Schlüsselwort der Fürbitten des Mose: Es ist doch dein Volk. – Und entgegen seiner ursprünglichen Absicht ändert Gott seinen Entschluss. Wieder einmal erweist er sich als der Barmherzige. Nicht als einer, der nicht konsequent wäre und es mit der Sünde nicht so genau nähme, aber als einer, der sich bitten lässt und zu seiner Verheißung steht. Er verspricht wieder seine unmittelbare Nähe: „Mein Angesicht soll vorangehen; ich will dich zur Ruhe leiten.“ Er selbst, der treue Gott, wird vorangehen. – Er wird nicht nur mit Mose sein, sondern mit dem ganzen Volk (15-17). Auch diese Verheißung trotzt Mose seinem Freund noch ab. Denn der heilige Herr lässt selbst im Zorn noch seine Gnade finden. Mose und Israel erleben neu: Gott ist treu.

Der herrliche Freund
Doch Mose will noch mehr: Er will ein Zeichen, dass er Gnade gefunden hat. Was er nun bittet, lässt den Atem stocken. Selbst der Gottesfreund scheint nun die Grenze zu überschreiten: Nun will er nicht mehr nur Gottes Wege, sondern seine Herrlichkeit sehen. Seine Macht, seine Größe, seine Würde, seine Ehre. Dieser Blick in den Himmel ist allen Irdischen verwehrt – und doch steckt in uns allen diese Seh(n)sucht: Wir wollen Gott sehen. Ihn sehen, den Unsichtbaren, den Unfassbaren und Unbegreifbaren. Das eigentlich Unbegreifliche aber ist: Gott wehrt diese Bitte nicht als Frevel ab, sondern geht gnädig darauf ein (19). Er lässt Mose seine Güte erfahren. Das Angesicht Gottes wird Mose nicht sehen. Denn nur die Götzen dieser Welt lassen sich sehen, aber der lebendige Gott lässt sich hören: Seinen Namen lässt er hören. Er offenbart sich erneut als der Gnädige und Barmherzige (vgl. 2.Mose 3,14). So sieht Mose die Herrlichkeit seines Freundes und wird zugleich vor ihrer Wucht geschützt; Gott benennt den Ort und die Zeit. Mose darf dem vorüberziehenden Gott nur hinterhersehen. Er sieht seine Spuren. Das ist eine Grunderfahrung all derer, die eben im Glauben und noch nicht im Schauen leben: Wir entdecken Gottes liebendes, gnädiges und herrliches Handeln erst im Nachhinein. Gerade so begegnen wir unserem herrlichen Freund.

Fragen zum Gespräch:
· Wie beten wir? Wo können wir vom Bitten Moses lernen?
· Wie oft und wie intensiv beten wir für unsere Kirche mit all ihrer Schuld? Gerade sie ist doch sein Volk.

Steffen Kern, Walddorfhäslach
Vikar, Journalist, Mitglied der Landessynode

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
Einstiegsfrage: Wer von euch hat eine Oma, die manchmal Geschichten erzählt? Bei wem gibt es zu Hause eine „elektrische Oma“ (Fernsehen, PC, Videospiele...)?! Was ist der entscheidende Unterschied? - Auf das Leben und die Beziehung kommt es an! Mit Gott kann man reden, ringen, handeln; er reagiert, er lässt sich erbitten - aber nicht nach Belieben ein- und ausschalten.