Grußworte

Die Stund' in Hülben prägt das Dorf selber. Aber auch darüber hinaus hat das kleine Dorf auf der Alb eine hohe Bedeutung bekommen.

Liebe Schwestern und Brüder,

250 Jahre Erbauungsstunde in Hülben, das ist genau die Hälfte der Zeit zwischen der Reformation und heute!

Eine Reise ins Hülben des 18. Jahrhunderts zeigt uns, dass der Ort sehr viel kleiner war als heute. Das lag wohl auch am Ernährungsstand zu dieser Zeit: Wein gab es nicht, Korn und Früchte waren Mangelware, die Albwasserversorgung wurde erst sehr viel später eingerichtet. Auch das geistliche Leben war eher karg. 

Dies änderte sich durch den Dienst der Pfarrer Friedrich Christoph Steinhofer, der Zinzendorf in persönlicher Freundschaft verbunden war, und seines Nachfolgers Johann Ludwig Fricker, einen Schüler Oetingers. Beide pflanzten in den Hülbenern die Liebe zum Evangelium und zum Herrn Jesus ein. So konnte der Bäcker Christoph Handel, der bei einer großen Nahrungsmittelteuerung den Brotpreis um der Nächstenliebe willen niedrig hielt, sagen: „Ich backe nun eben dem Herrn Jesus, koste es, was es wolle!“ Er sah sich reich von Gott belohnt, der ihm darauf eine so große Obsternte schenkte, dass der Verlust aus der Bäckerei ausgeglichen wurde.

Entscheidend für den Pietismus in Hülben war der geistliche Aufbruch der Familie Kullen, die damals das Amt des Schulmeisters innehatte. Erst war es die Frau des Lehrers, die sich auf den Rat Frickers mehrfach der Lektüre des Römerbriefs unterzog und dabei die Erkenntnis gewann, dass sie selbst zum lebendigen Glauben berufen sei. So zog ein christlicher Geist ins Schulhaus ein und gewann durch das Wirken der Familie Kullen bis heute weit über Hülben hinaus Ausstrahlungskraft. 

Der Pietismus in seiner Hülbener Prägung hat immer besonders die „Heiligung“ des praktischen Lebens im Alltag betont. So trug die Erweckung auch ganz leiblich zum Wohl der Menschen bei. Neben dem Beispiel des Bäckers Handel ist die Gründung der Jacquard-Weberei und die Spitzenklöppelei zu nennen, die in den Dörfern der Alb und am Albtrauf ringsum neue Erwerbsquellen schufen und vielerorts zu neuen Aufbrüchen in der Bildung führten (man denke an die Industrieschule) – eine Folge der Kullen’schen Erweckung, die in den Hungerjahren um die Mitte des 19. Jahrhunderts für die Menschen ein Segen war.

Das sind nur einige Schlaglichter aus der Geschichte der Hülbener Stund‘. Bis heute ist sie lebendig. 250 Jahre nach ihrer Gründung versammeln sich noch immer Menschen in der Stund‘ um Gottes Wort, zur gemeinsamen Bibelauslegung und zum Gebet. Der Geist der Nächstenliebe, die sich aus der Liebe zum menschgewordenen Gottessohn schöpft, prägt bis heute die Frömmigkeit (nicht nur) der Hülbener und wirkt damit in Kirche und Gesellschaft hinein.

In unserer sich wandelnden Gesellschaft mit vielen neuen Herausforderungen und Fragen an Christinnen und Christen und Kirche bedarf es dieser ernsthaften Konzentration und zugleich der Gesprächsbereitschaft, um das Evangelium heute neu auszubuchstabieren – in unserer besonders geprägten evangelischen Landeskirche in Württemberg ist dies immer ein eigener Spannungsbogen. Den Worten Pfarrer Bauns in seinem Beitrag über den „Pietismus im Uracher Bezirk“ von 1928 möchte ich mich anschließen: „Mögen unsere Gemeinschaften auch fernerhin ein kräftiges Salz für ihre Umgebung und ein helles Licht in der Kirche und für die Welt sein.“ Nichts brauchen wir heute mehr – als Gemeinschaften und als Landeskirche in unserer Gesellschaft.

Mit vielen Segenswünschen!
Ihr Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July


250 Jahre „Stunde“ in Hülben. 250 Jahre, in denen stets Gott groß gemacht wurde. Er stand von Beginn an im Mittelpunkt, so wie es im Vers aus Offenbarung 22,16 steht: „Ich, Jesus, bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der glänzende Morgenstern.“

Als Träger dieser frohen Botschaft ist die Gemeinschaft in und mit Hülben tief verwurzelt. Wenn man im „Ländle“ und auch darüber hinaus unterwegs ist und erzählt, man kommt von Hülben, dann kommt häufig die Rückmeldung, man kenne diesen Ort, aber nicht weil er so wunderschön auf einer Berghalbinsel gelegen ist, nein, es ist meist das Wissen um die Gemeinschaftsstunde und einer tiefen religiösen Prägung in unserem Ort, welche den Apis zu verdanken ist. Hülben wird ja bei vielen Gemeinden auch im positiven Sinne als eine altpietistische „Hochburg“ betitelt.

Selbst im Hülbener Heimatbuch findet sich ein eigenständiger Abschnitt zur Geschichte und Auswirkung des Pietismus in Hülben, der mit der Einsicht schließt, „dass das reiche Glaubensgut, das man heute in Hülben noch findet, auch auf den Einfluss der Stunde zurückgeführt werden kann“. Von diesem Glaubensgut angesteckt und geprägt und unterstützt vom Evangelist Vielhauer wurden im Jahre 1920 einige junge Männer vom Wort ganz tief erfasst und sie beschlossen, fürs ganze Leben die frohe Botschaft und den Namen Jesu zu verkündigen. Dies war die Gründung des heutigen CVJM Hülben. Somit hat die altpietistische Stunde einen maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung des CVJM gehabt. Und bis heute weisen die monatlich stattfindenden Konferenzen auf die Wurzel des Glaubens hin, Jesus Christus. Damit prägt die Api-Gemeinschaft heute noch den Glauben vieler Menschen auch im CVJM Hülben, wofür ich Gott sehr dankbar bin. 


Die „Kullen-Stunde“ in Hülben feiert dankbar ihr 250-jähriges Jubiläum. Segensreiche Spuren hat dieser geistliche Aufbruch in Hülben hinterlassen. Schwäbisches Jerusalem, die Stadt, die auf dem Berge liegt, so oder so ähnlich wird Hülben mitunter benannt. Der Name Hülben klingt bis heute weit hinaus ins Land.

Die Stunde mit ihrer tiefen Verwurzelung im Wort legte gewissermaßen das geistliche Fundament. Beeindruckend, wie die Tradition lebendig erhalten wird. Auch die jüngere Generation besucht die Stunde. Hier gibt es in humorvoller, lebensnaher Weise Speise für das geistliche Wachstum. Herausragend sind die Kirchweihmontag- und die Silvesterstunde, für viele bis heute besondere Höhepunkte im Jahr.

Apis, CVJM und Kirchengemeinde verstehen sich als Einheit. Wir leben Gemeinschaft im gemeinsam verantworteten „Du sollst leben“ Gottesdienst, in den Allianzgebets- und Bibelabenden. Genauso in der Konfirmandenstunde oder dem Besuch der Konfirmandinnen und Konfirmanden im alten Schulhaus.