Liebe

Joh 13,34-35; Röm 12,9-11

Liebe ist …

 

Begriffserklärung

Altes Testament (AT):

Am häufigsten wird im AT „Ahava“ gebraucht. Es kann genauso die Liebe zwischen Mann und Frau bezeichnen wie die zwischen Gott und Mensch, genauso die Liebe zum Guten wie die zur Sünde, genauso die Liebe des Vaters zum Kind wie die Liebe zwischen Freunden, genauso die ehebrecherische Liebe wie die Liebe zu Götzen. „Aber ein Zug fehlt, die religiöse Erotik – und damit scheidet sich die alttestamentliche Religion von den Fruchtbarkeitskulten ihrer Umwelt ebenso scharf wie von griechischem Wesen. … Die Liebe, die im AT gepriesen wird, ist die eifersüchtige Liebe, die den einen sich erwählt unter Tausenden, ihn festhält mit aller Kraft der Leidenschaft und des Willens und keine Lockerung des Treuverhältnisses erträgt.“ (Ethelbert Stauffer: ThWNT 1, S. 38).

Neues Testament (NT):

  • Agape: Das ist im Sprachgebrauch von Jesus und den Aposteln die Hingabe-Liebe, die Liebe als bewusste Entscheidung für den Nächsten.
  • Philia: Meint die Liebe innerhalb der Familienbande; in dieser Bedeutung auch die Liebe zu den Geschwistern in der Gemeinde.
  • Die erotische, selbstbezogene Liebe wird im NT nicht thematisiert.

Hinweise zum Leben

Der liebe Gott

Gott ist nicht der brave Gott (wie der brave Hund). Wir können ihn nicht abrichten und nicht an die Leine nehmen. Und er lässt sich von uns nicht vorschreiben, was Liebe ist. – Aber: Wer Liebe sehen will, der muss Gott anschauen. Von der ersten bis zur letzten Seite legt die Bibel ein Zeugnis ab von der Liebe Gottes zu den Menschen. „Ist Gott ein Egoist? Wie könnte er, er denkt doch die ganze Zeit an uns Menschen“ (Thomas Taul). „Der Herr ist gut und teilt sich willig mit; sein Wesen ist ein Brunnen guter Gaben. Er geht uns nach und fragt bei jedem Schritt, ob wir nicht was von ihm zu bitten haben …“ (Johann Jakob Rambach: Der Herr ist gut, GL 534,3).

Gottes Liebe zeigt sich in seiner Fürsorge (1Petr 5,7). Er ist nicht nur der Schöpfer, er ist auch der Erhalter seiner Schöpfung.
Gottes Liebe zeigt sich in seiner Treue (Hos 2,21f.). Er hält seinem geliebten Volk Israel die Treue, obwohl es sich ehebrecherisch anderen Göttern an den Hals wirft.
Gottes Liebe zeigt sich in seiner Hingabe (Joh 3,16). Jesus betont, dass es keine größere Liebe gibt, als sein Leben hinzugeben für seine Freunde (Joh 15,13). Aber er selber gibt dieser Liebe eine neue Dimension dadurch, dass er sein Leben hingibt für seine Feinde (Röm 5,8).
Weil Gott die Liebe ist (1Joh 4,8), ist alles, was er tut, von dieser Liebe durchdrungen.

„Du lieber Gott!“

Liebe will Beziehung. Gott sucht unsere Nähe und freut sich über unsere Antwort auf seine Liebe. Unsere Liebe zu Gott zeigt sich in unserem Vertrauen und Gehorsam ihm gegenüber. Und sie zeigt sich, wenn wir seine Nähe suchen.
Gott verträgt und trägt sogar unsere Klage: „Du lieber Gott!“, wenn wir seine Liebe und Zuneigung nicht erkennen können. Es ist auch ein Zeichen unserer Liebe zu ihm, wenn wir ihm unser Herz ausschütten. Nicht umsonst lehrt die Bibel uns in den Psalmen auch das Klagen!

„Du lieber Nächster“

„Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen“ (Röm 5,5):
Das ist zuerst die Liebe, mit der Gott uns liebt. Als Zweites ist es aber auch die Liebe, mit der wir Gott wieder lieben. Und als Drittes ist es die Liebe, mit der wir die Menschen lieben:
Unsere Liebe zu Gott wird sichtbar in unserer Liebe zum Nächsten (Joh 13,34-35; Röm 12,9-11). Zuerst meint Jesus damit die Gemeinde, also die Versammlung derer, die ihn lieben.
Die Gemeinde ist unser Übungsraum, in dem wir die Liebe zum Nächsten einüben. Hier bekommen wir Anleitung und Korrektur, Ermutigung und Vergebung.
Die Gemeinde ist auch unsere Bühne, auf der wir der Welt demonstrieren: „So liebt Gott!“
Die Gemeinde ist unser Werbeplakat: „Willst du nicht auch zu diesem Gott gehören, der die Liebe ist?“ Die Menschen beobachten unsere Kreise und entscheiden dann, ob sie auch Gott kennen lernen wollen.
Wenn wir aber auf die Idee kämen, die Liebe Gottes auf die Gemeinde zu beschränken, dann würde Jesus uns vehement korrigieren, z.B. mit der Geschichte vom Barmherzigen Samariter: Der Nächste, der meine Liebe braucht, ist der, dem ich in seiner Not begegne (Lk 10,36f). So will sich die Liebe Gottes in dieser Welt ausbreiten.
Die Liebe Christi drängt uns hinaus zu den Liebebedürftigen (2Kor 5,14). Sie bringt unsere Phantasie in Schwung: Wie können wir den Menschen Gottes Liebe „rüberbringen“?

Christoph Bacher, Gemeinschaftspfleger, Sonnenbühl-Undingen

Text aus dem Magazin "Gemeinschaft" 10/2012