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Heil

Euch ist heute der Heiland geboren

Advent - das Kirchenjahr beginnt mit der Freude über die Ankunft unseres Herrn. Jesus, der wahre Gott, wird wahrer Mensch, “entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt” (Phil 2,7).
In dieser Zeit der frohen Erwartung wollen wir uns mit einem zentralen biblischen Wort beschäftigen, das dann an Weihnachten im Mittelpunkt unserer Gemeinschaftsstunden stehen wird.

“Die Nacht ist schon im Schwinden,
macht euch zum Stalle auf!
Ihr sollt das Heil dort finden,
das aller Zeiten Lauf
von Anfang an verkündet,
seit eure Schuld geschah.
Nun hat sich euch verbündet,
den Gott selbst ausersah” (GL 23,3).

I. Aspekte biblischen HEILS

1. Zur Übersetzung des Wortes HEIL

HEIL ist in der gesamten Bibel ein wichtiges und umfassendes Thema. Die große Zahl der Bibelstellen macht dies deutlich. Eine Einführung in das Grundwort HEIL kann daher nur einen Überblick über die wichtigsten Zusammenhänge biblischen HEILS geben.
Dem Begriff HEIL liegt im Alten Testament das hebräische Wort schalom zugrunde, das auch Unversehrtsein, Wohlbefinden und Glück im Sinne von Harmonie bedeutet. Darüber hinaus bezeichnet das Wort jeschuah HEIL im Sinne von Hilfe und Rettung. Der Name Jesus (“Gott rettet”, Mt 1,21) ist von diesem Wort abgeleitet. Im Neuen Testament findet sich diese Bedeutung im Wort sotaeria (Heil, Hilfe, Rettung), um das es im neutestamentlichen Teil dieser Einführung im wesentlichen gehen wird. HEIL ist im Neuen Testament nicht von heilen abgeleitet.

Da Luther einzelne Begriffe der Wortgruppe sotearia häufig anders übersetzt, greift die Suche nach dem Wort Heil im Luthertext zu kurz. Es empfiehlt sich deshalb der Vergleich mit anderen Übersetzungen (etwa Elberfelder [Elb.]) und das Studium der Parallelstellen. Bibelstellen, in denen es um die Erlösung und Rettung des Menschen geht, gehören in den Zusammenhang biblischen HEILS. HEIL im Sinne von Rettung steht im Mittelpunkt dieser Einführung. Sie ist zum Durcharbeiten (auch in Gruppen und Kreisen) gedacht und will zum vertiefenden Weiterstudium anregen.

2. Gott ist unser HEIL

Unser Gott ist ein Gott des HEILS. Er hat es nicht verborgen, sondern “läßt sein Heil kundwerden; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar” (Ps 98,2). Gott ist die Rettung - im wahrsten Sinne des Wortes. Unzählige Male hat Gott sein Volk aus Nöten und Ängsten befreit. Einen Gott, der HEIL schafft, hatte nur Israel. Deshalb betont Mose am Ende seines Segens über die 12 Stämme: “Wohl dir, Israel! Wer ist dir gleich? Du Volk, das sein Heil empfängt durch den HERRN, der deiner Hilfe Schild und das Schwert deines Sieges ist!” (5.Mo 33,29a). Doch nicht nur das Volk, auch der einzelne, der sich Gott im Gebet anvertraut, wird aus Anfechtung und Drangsal befreit (z.B. Ps 62,8). Zu allen Zeiten haben sich die Menschen nach dem HEIL gesehnt (Ps 119,123 Elb. siehe 1.Mo 49,18; Ps 119,81.174).

David weiss, Gott ist sein HEIL, auch in großen Schwierigkeiten. Das macht ihn zuversichtlich und besiegt seine Angst (Ps 27,1). Jesaja kommt zu dem gleichen Ergebnis: “Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht” (Jes 12,2a). Es ist ein Ausdruck tiefer Geborgenheit, wie sie nur der heilschaffende Gott schenken kann. Aber es ist auch ein Bekenntnis: Gott ist mein HEIL, mein Retter, ganz persönlich, mir zugut.
Dies zu wissen ist wahrlich ein Grund zur Freude, zu der auch Habakuk am Ende seines Psalmes durchdringt. Der Prophet war zutiefst erschüttert, daß Gott scheinbar tatenlos zusieht, wie Gottlose die Gerechten unterdrücken. Doch am Ende seines Buches wird er sich der Rettung seines Volkes sicher. Aus seiner Verzweiflung findet er zurück zu Gott, seinem HEIL: “Aber ich will mich freuen des HERRN und fröhlich sein in Gott, meinem Heil“ (Hab 3,18 vgl. Lk 1,47). Diese Freude vermag schwierige Zeiten zu überstehen, denn sie ist nicht abhängig von Gefühlen und äußeren Umständen, sondern vom Glauben an den Gott meines HEILS.

Gottes Heilshandeln ist jedoch nicht nur Grund zur Freude, sondern auch Grund zur Anbetung. Nachdem Israel durch das Schilfmeer gezogen war, preisen Mose und das Volk den Herrn mit einem Lied, in dem sie ihre Rettung, das ihnen zuteil gewordene HEIL besingen (Elb. 2.Mo 15,2). Doch Gott soll nicht nur über sein HEIL gerühmt werden. Es muß auch verkündigt werden: “Singet dem HERRN und lobet seinen Namen, verkündet von Tag zu Tag sein Heil!” (Ps 96,2; 40,11). Gott verbirgt sein HEIL nicht vor uns, wie könnten wir da schweigen?

Bereits zur Zeit, als Israel der Untergang droht, kündigt Gott das Kommen des messianischen HEILS an (Jes 49,6, vgl. Apg 13,47; Jes 51,8; 52,7; 56,1; 62,11).

3. Das Heilshandeln Gottes in Jesus Christus

In Christus sind diese Verheißungen erfüllt. Christus ist der sotaer, der Retter, der Heiland (Luk 2,9+10! vgl. Apg 5,31; 13,23). “Gott führt mitten in der Menschheitsgeschichte das Heil herauf, indem er seinen Sohn Mensch werden läßt; in und mit Christus bricht in die noch andauernde alte Weltzeit die neue Zeit des Heils herein“ (Peter Stuhlmacher). HEIL bedeutet die Schicksalswende in der Menschheitsgeschichte, der Anbruch des Reiches Gottes (Kol 1,13). Christus ist der Urheber des göttlichen HEILS (Hebr 2,10; 5,9). Er kam in die Welt, um die Sünder zu retten (Elb. 1.Tim 1,15). Sein Sterben am Kreuz ist der stellvertretende Sühnetod und damit die einzige und allein gültige Heilstat, die den verlorenen Sünder zu retten vermag (Apg 10,43). Paulus verwendet die Wortgruppe sotearia deshalb ausschließlich, um die Rettung des Sünders durch den Glauben an Jesus Christus zu beschreiben (z.B. Eph 1,13 - Luther übersetzt auch hier Seligkeit statt Heil; Eph 2,8). HEIL ist nach neutestamentlichem Verständnis also die Rettung des Sünders. Es ist allein gegründet auf die Gerechtigkeit, die Gott durch Christus geschaffen hat und deshalb Grund, Inhalt und Ziel des Evangeliums. Das Evangelium ist folglich Gottes Kraft, “zum Heil jedem Glaubenden” (Elb. Röm 1,16).

Göttliches HEIL ist ausschließlich in Jesus zu finden: “Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden” (Apg 4,12). Jeder andere Heilsweg ist ausgeschlossen (Apg 13,38f.). Nur durch den Glauben an Jesus allein kann das HEIL künftig erlangt werden (Apg 16,31 - Luther übersetzt selig anstelle von gerettet). Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet (Apg 2,21; siehe Apg 28,28). Gottes Heilswillen gilt allen Menschen, denn Gott will, daß alle Menschen errettet werden (Elb. 1.Tim 2,4). HEIL ist das Ziel Gottes mit den Menschen (vgl. Luk 3,18).

4. Das zukünftige (eschatologische) HEIL

Unser HEIL in Christus ist bereits jetzt voll gültig, es ist gegenwärtige Wirklichkeit (2.Kor 6,2). “Heute ist diesem Haus Heil widerfahren” (Luk 19,9f.). Doch gegenwärtiges und zukünftiges HEIL sind nicht voneinander zu trennen. “Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung” (Röm 8,24a). Die bereits geschehene Rettung bewirkt die Gewißheit des endzeitlichen HEILS (vgl. 1.Petr 1,3-5!). Die Glaubenden sind vor Gottes Zorn bewahrt (Röm 5,9; 1.Thess 5,9) und zur ewigen Rettung erwählt (2.Thess 2,13). “Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel; woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus” (Phil 3,20). So bedenken wir im Advent nicht nur das erste Kommen Jesu, sondern auch seine endgültige Wiederkunft am Ende der Zeiten (1.Tim 6,14). “Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott, und dem Lamm!” (Offb 7,10).

II. Die Gewißheit des HEILS und die Heiligung

Das Neue Testament versteht Heilsgewissheit nicht als friedvollen Seelenzustand, sondern als eine von Gott geschaffene Heilswirklichkeit. Mein HEIL gründet sich nicht auf dem, was ich fühle, sondern allein auf die Wirksamkeit der Heilstat Gottes für mein Leben. Nur deshalb ist Heilsgewißheit möglich. Die Glaubenden können sich ihres (zukünftigen) HEILS gewiß sein, weil ihr HEIL allein von Gott abhängt. Paulus läßt darüber überhaupt keinen Zweifel aufkommen (siehe z.B. 1.Kor 3,15; Röm 8,28-39).
HEIL ist nur aufgrund der Rechtfertigung des Sünders zu erlangen. Es kann durch menschliche Werke und Verdienste nicht verdient oder ergänzt werden (Eph 2,8-9). Aus Gnade allein ist dem Glaubenden das HEIL unverlierbar geschenkt (1.Tim 1,9-10! vgl. Tit 3,5).

Damit ist klar, daß Heiligung nichts zu unserer Rechtfertigung und damit zu unserem HEIL beitragen kann. Heiligung ist vielmehr Ausdruck der Dankbarkeit für das uns geschenkte HEIL und damit auch Ausdruck unserer Heilsgewißheit. Wer also meint, durch Heiligung sein HEIL erwerben zu müssen, nimmt sich damit zwangsläufig die Gewißheit des HEILS.
Phil 2,12+13 steht dazu in keinem Gegensatz. Paulus fordert die Philipper auf, ihr HEIL (Elb.) im Alltag zu leben. Es geht an dieser Stelle um die Umsetzung des persönlichen HEILS ins praktische Leben. Das ist allerdings nur möglich, wenn Gott dazu das Wollen und Vollbringen schenkt. Paulus hat hier das geistliche Wachstum, also die Heiligung der Philipper im Blick, was durch den Textzusammenhang deutlich wird. Sie sollen dem Vorbild Christi entsprechend ein Vorbild für die Welt sein (Phil 2,1-18).

III. Die Gestaltung der Gemeinschaftsstunde

Die Beschäftigung mit dem Grundwort HEIL soll uns immer wieder neu zur Freude und in die Anbetung führen. Nicht nur, aber gerade in der Adventszeit und an Weihnachten. “Der Heiland ist geboren, freu dich, du Christenheit; sonst wärn wir gar verloren in alle Ewigkeit” (GL 45,1).

Im Grundwort HEIL finden wir den Zugang zur Soteriologie, der biblischen Erlösungslehre. Nun können wir in einer Stunde nicht alle Aspekte göttlichen HEILS behandeln. Folgende Schwerpunkte könnten gewählt werden:

  1. Von Mt 1,21 her denkend zeigen wir, daß in Christus allein der Grund unseres HEILS gelegt ist. “Damit der Sünder Gnad erhält, erniedrigst du dich, Herr der Welt, nimmst selbst an unsrer Menschheit teil, erscheinst im Fleisch und wirst uns Heil” (GL 46,4).
  2. Um den Zusammenhang biblischer Heilsgeschichte zu verdeutlichen, spüren wir der Erfüllung messianischer Verheißungen im Alten Testament nach.
  3. In der Erwartung unseres wiederkommenden Herrn beleuchten wir den endzeitlichen Aspekt des HEILS.
  4. Ein Austausch über die praktischen Konsequenzen der Heilstat Gottes in unserem persönlichen Leben soll uns ermutigen.

Ein Gedicht, ein Weihnachtslied (Liedvorschlag GL 23,1-5; 45,1-2; 46, 1-6), ein Bild oder ein persönliches Zeugnis kann das Gesagte veranschaulichen. Am Beispiel des verlorenen Sohnes hat Rolf Scheffbuch deutlich gemacht, daß HEIL mehr ist als bloße Rettung aus körperlicher Not, mehr als Wohlergehen. Dem verlorenen Sohn wäre schon geholfen gewesen, wenn ihm der Vater etwas zu essen und Arbeit gegeben hätte. Doch der Vater gibt für ihn ein Fest. Das ist HEIL - aus der Gottesferne nach Hause finden in die ewige Gemeinschaft mit Gott.

Harald Brixel