Frucht

Frucht - werden Sie sagen, und voller Furcht auf diese Stunde schauen. Thematische Bibelstunden gehören zu den interessantesten, aber auch zu den mühsamsten Vorbereitungen bei der Auslegung des Wortes Gottes. So jedenfalls wird es mir immer wieder von den Frauen und Männern gesagt, die Grundworte auslegen.
Mit dieser "geistlichen Grundlegung" sollen zwei Wege miteinander verbunden werden. Im ersten Schritt wollen wir in einem Kurzdurchlauf die biblischen Gedanken aufzeigen und dabei auf Missverständnisse hinweisen. In einem zweiten Teil wird es um den möglichen Aufbau einer Stunde gehen. Das Grundwort Frucht eignet sich besonders gut für eine bestimmte Stundengestaltung. Hier können viele mitdenken und mitsprechen, denn (fast) jeder kennt sich mit Frucht aus - zumindest, was die Frucht im Garten oder auf dem Feld angeht.

A. Geistliche Grundlegung
"An ihren Früchtchen werdet ihr sie erkennen!" sagte mir der Großvater und sah stolz auf seine Enkelkinder. So begegnete mir vor einiger Zeit das Wort Frucht. Häufig kommt es gar nicht mehr vor in unserer Sprache. Wenn Sie ein deutsches Wörterbuch aufschlagen, werden Ihnen drei Möglichkeiten beschrieben, was Frucht bedeuten kann:
1. Eine Frucht ist das nach der Befruchtung aus dem Fruchtknoten der bedecktsamigen Pflanzen gebildete Organ, das die oder den Samen bis zur Reife umschließt und dann ihrer Verbreitung dient.
2. Eine Frucht ist bei den lebendig gebärenden Säugetieren der in der Gebärmutter heranwachsende Keim.
3. Eine Frucht ist die aus einer Handlung entstehende Folge.
Als kundige Christen werden Sie sofort auf die dritte Bedeutung weisen und sagen: In der Stunde hat diese Bedeutung ihren Platz. Das andere ist zuerst einmal für die Biologen und Mediziner gedacht. Recht haben Sie - und doch hat die Bedeutung 1 und 2 auch etwas mit dem geistlichen Begriff Frucht zu tun.

Frucht ist Prinzip der Schöpfung Gottes!
Gott schuf diese Erde mit allen Pflanzen und Tieren. Er gab der Erde den Befehl, sie solle das Kraut aufgehen lassen, dass es Samen bringe und nach jeder Art Früchte trage (1.Mo 1,11f). Gott gibt auch den Tieren (V. 22) und dem Menschen (V. 28) diesen Auftrag: "Seid fruchtbar und mehret euch...". Während hier das Alte Testament Frucht sich sehr auf die beiden ersten oben genannten Bedeutungen beschränkt, ändert sich dies im Fortschreiten des Alten Bundes. Der Begriff Frucht wird immer häufiger im Sinne der geistlichen Frucht benützt. So empfängt der Gerechte seine Frucht (Ps 58,12; Spr 1,31 und 11,30; Jes 3,10; Jer 21,14 oder auch Mi 7,13). Jedoch gibt es auch die falschen "Früchte". Gott darf vom Menschen erwarten, dass er gute Frucht bringt. So steht der Mensch in der Verantwortung vor Gott. Trotz allem ist die (gute) Frucht, die der Mensch bekommt, ein Geschenk Gottes. Dies wird besonders deutlich in dem Augenblick, in dem Gott Israel ein "fruchtbares" Land verspricht. Dies Land, in dem Milch und Honig fließt, ist nicht das "beste" Land den irdischen Vorraussetzungen nach (s.das judäische Gebirge). Nein, es ist "gesegnetes" Land, d.h. ein Land, auf dem Gottes Segen ruht. Daher ist es "fruchtbar"!

Frucht wird zum Merkmal des Christen!
Im Neuen Bund wird der Ausdruck Frucht fast ausschließlich für die "geistliche Frucht" benützt, die der Christ bringen darf (oder soll). Oft wird dies deutlich, wenn das Wort Frucht mit einem Aufruf (Imperativ!) verbunden ist. ("Seht zu! Bringt rechtschaffene Frucht der Buße!" Mt 3,8). Die Aufforderung, gute Frucht zu bringen, wird immer wieder deutlich (z.B. in Lk 13,6ff, eine Anspielung auf Jes 5,1ff, aber auch in Gal 5,22).

Frucht ist etwas Unverfügbares!
Während die Bibel auf der einen Seite Frucht anmahnt, wird auf der anderen Seite Frucht als Geschenk Gottes ausgewiesen. So ist der Same im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld das Wort Gottes (Mt 13,8.19). Paulus weist darauf hin, dass Gottes Geist die Frucht schafft (Gal 5,22). Der Mensch wird aufgefordert, Frucht zu bringen; gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass der Mensch dazu gar nicht in der Lage ist. Dieses Prinzip begegnet uns in der Bibel regelmäßig. Der Mensch als Teil der gefallenen Schöpfung ist nicht in der Lage, das Gott zu bringen, was Gott zusteht. Erst durch den Tod Jesu, der sich selbst als Weizenkorn bezeichnet, das in die Erde gelegt wird, damit es Frucht bringen kann (Joh 12,24), kann der Christ Gott Frucht bringen. Paulus nimmt diesen Gedanken in 1.Kor 15,35ff auf. Ein Weizenkorn löst sich ganz auf, wenn ein Keim daraus wächst. So zeigt Paulus auf, dass der Mensch erst dort Frucht bringen kann, wo er sich selbst aufgibt und Jesus Christus in sich leben lässt. Joh 15 beschreibt diesen Vorgang mit dem Weinstock: "Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht." (V. 15).

Was ist Frucht?
Kein Leistungsdruck!
Wer von der Vergebung Jesu her lebt, der weiß, dass er Gott nichts zu bieten hat. ("Nichts hab ich zu bringen, alles, Herr, bist Du!" JuF 367,3). Dies gilt auch im Bezug auf Frucht. Es soll und darf kein Leistungsdruck entstehen. Wer vor Jesus tritt, darf sich ihm nähern, wie er ist - er wird aber nicht so bleiben, wie er war!

Frucht ist nicht Erfolg!
Frucht wird leicht mit Erfolg verwechselt. Erfolg ist (im Idealfall) eine eigene Leistung, die zur eigenen Ehre erbracht wird. Frucht dagegen entsteht durch die Kraft Gottes, bringt Gott die Ehre und wird uns zur Freude. Wir sollten immer dort vorsichtig sein, wo Menschen auf eigene sogenannte "Frucht" hinweisen. Sei es persönlich eigene Frucht oder die einer bestimmten Gemeinde oder Gemeinschaft. Die Frucht, die Jesus Christus schenkt, lobt ihn, ehrt ihn und preist ihn. "Gute Frucht" kann auch klein sein!
Wir Menschen sind auf Erfolg getrimmt. "Wie viele Menschen haben Sie in diesem Jahr zum Glauben geführt?" wurde ein neuer Pfarrer von einem Kirchengemeinderat gefragt. Dies ist keine Frage der Frucht, sondern eine Frage des Erfolges. Diesen verspricht uns Gott nicht. Ein kleines Beispiel mag verdeutlichen, dass Frucht vor Menschen klein sein kann - aber vor Gott groß. Von Ludwig Krapf steht in einem Kirchenlexikon: Der Missionar Ludwig Krapf (1810-1881) gründete mit Johannes Rebmann unter den Wanika eine Missionsstation ... Krapfs unmittelbarer Erfolg als Missionar war sehr gering. Es wird deutlich: Die Frucht sah klein aus. So klein, dass sogar von "unmittelbarer Erfolg war sehr gering" die Rede ist. Hervorgehoben werden seine geographischen und sprachwissenschaftlichen Erfolge, z.B. Wörterbuch Suaheli. Geistliche Frucht aber wird nicht beschrieben.
Was nicht genannt wird, ist die scheinbar kleine Frucht, die doch ganz groß ist: Kurz vor seiner Abreise taufte Ludwig Krapf, nach 12-jähriger Missionstätigkeit, einen alten, behinderten Mann. Es war der erste Christ in seiner Arbeit. Jeder mag über diesen "Erfolg" gelacht haben. Die englische Mission rief ihn zurück. Dieser behinderte Christ lebte nur noch wenige Monate. Aber durch den getauften behinderten Mann kam der ganze Stamm zum Glauben. Nur wenige Monate nach der Abreise Krapfs brach eine Erweckung in dem Stamm auf, die niemand zu hoffen gewagt hatte. So klein und unscheinbar kann Frucht sein!

Frucht braucht Geduld!
Wer käme auf die Idee, nach dem gesäten Samenkorn zu schauen, ob es schon Frucht getrieben hat. Kinder vielleicht, die nicht warten können, dass sich die grünen Spitzen des Weizens durch die Erde drücken. Sie wühlen in der Erde und zerstören dabei den Samen. Frucht braucht Geduld. Auch die Frucht des Christen braucht Zeit zum Wachsen. Frucht lässt Rückschlüsse auf die Pflanze zu!
Die Bibel schildert uns, trotz aller geschenkten Frucht, dass die Menschen an ihren Früchten erkannt werden (Mt 7,16.20). Deshalb ist es nicht egal, wie wir Christen uns verhalten. Unser Reden, unser Denken und unser Tun zeigt, wer wir sind. Insofern stimmt das am Anfang Gesagte: "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!" Aber Vorsicht: Aus einem Apfelsamen wird keine Kirsche - auch ein Christ wird rechte Frucht vor Gott tragen wollen - jedoch darf (äußerlich) fehlende Frucht nicht dazu verführen, zu sagen: "Der ist kein Christ!"

Frucht wird zum Samen!
Die Christen tragen wie die Frucht den Samen in die Welt hinein. Dazu sind wir beauftragt. Kein Pflanze verzichtet darauf, dass ihr Same nicht zur Frucht werden soll. Dies ist kein Leistungsdruck, aber es ist unsere Aufgabe und eine große Verantwortung, die wir tragen.
Jede Pflanze benützt den Samen dazu, um ihre Art zu vermehren. So ist auch bei Christen Frucht dazu da, Jesus Christus zu bezeugen, Menschen auf ihn hinzuweisen.

Zusammenfassung:
Frucht bringen heißt: Gott wirken lassen und sich nicht sträuben!

B. Gestaltung einer Stunde
Es bietet sich bei diesem Thema an, die Geschwister mitdenken und mitarbeiten zu lassen. Jeder Einzelne kann sich hier mit seiner Erfahrung einbringen: "Vom Samen zur Frucht" kann das Generalthema an Pfingsten lauten. Als Bibeltext kann Gal 5,16-26 gelesen werden, wobei der Schwerpunkt auf Vers 22f gelegt werden sollte. Wir können die Frage stellen, wie es vom Samen zur Frucht kommt. "Was braucht ein Same, um Frucht zu werden?" Auf einer Tafel oder einer Folie eines Tageslichtprojektors (Kirchengemeinde anfragen) kann in einem großen Kreis der Ablauf vom Samen über die Frucht zum neuen Samen aufgezeichnet und beschrieben werden. Wer ohne Technik arbeiten will, kann ein Blatt Papier und einen Bleistift jedem Besucher austeilen.
Im Folgenden sind ein paar Stichworte zusammengeschrieben - der Einfachheit halber in einer Tabelle. Dabei ist nicht zu vergessen, dass die zweite Spalte, also die Übertragung auf das geistliche Leben, dann in einem zweiten Durchgang von den Besuchern dazugeschrieben werden kann. Die hier aufgeführten Übertragungen sind nur Bespiele, die durch weitere ergänzt werden können.

Guter Boden: Eltern, die Großeltern, die für einen beten, Gemeinschaft mit Christen
Vorbereiteter Boden: Durch Gottes Wort (Röm 10,17)
Guter Samen: Wort Gottes muss den Menschen reinigen, damit der Same gut wird.
Richtiger Zeitpunkt: "Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstocket eure Herzen nicht" (Hebr. 3,7f)Gott setzt den Zeitpunkt - auch hier gilt: "Meine Zeit steht in deinen Händen" (Ps. 31,16)
Wärme (z.B. Abdeckung): Liebe auch von Mitchristen
Sonne: Liebe GottesGottes BarmherzigkeitGottes Gnade
Wasser: Fürbitte (Apg.2,42), Segen Gottes
Dünger: Gebet, Verarbeiten des Gehörten und Gelesenen (Predigt, geistliche Gespräche)
Frost: Leiden, Tränen, Anfechtungen und Bedrängnisse, die uns fester an Jesus Christus binden
Ruhezeit: Nachdenken, nichts Übergestülptes im Glauben zulassen, eigener Glaube will reifen
Blüte: Die erste Liebe (nicht wie in Ephesus, Offb.2,4)
Befruchtung: Seelsorge, Gemeinschaft mit anderen Christen, auch über den Tellerrand der eigenen Gemeinschaft hinaus
Reifung: Geduld, Gnade Gottes
Geduld: Immer wieder für andere betenNicht auf Erfolg, sondern auf Frucht setzenImmer wieder neu Vergebung erbitten
Ernte: Ewigkeit, Sterben und Auferstehen
Frucht: Weitersagen, Bezeugen, Mission, Diakonie

Zur Ergänzung können auch die Dinge mit dazu genommen werden, die unausbleiblich dazu kommen: Ungeziefer, Stürme und Überschwemmungen. Sie bedrohen die Pflanzen und das Wachstum. Wer sie aber überstanden hat, wird gestärkt aus diesen "Plagen" hervorgehen. Übertragen können dies im geistlichen Wachstum Sorgen und Versuchungen sein. Anhand von Gal 5,22 lässt sich nun an wichtigen Beispielbegriffen gut nachvollziehen, was als Frucht im Leben eines Christen erkennbar ist.

Gottfried Holland, Freudenstadt