Philipper

Der Philipperbrief – kurze Einführung

1. Der Adressat
Die Gemeinde in Philippi. Sie ist die erste von Paulus gegründete Gemeinde auf europäischem Boden – gegründet auf seiner zweiten Missionsreise (siehe Apg 16,11ff). Der Name Philippi geht auf Philippus II. von Mazedonien (um 350 v.Chr.) zurück, den Vater Alexanders des Großen, der diese Stadt gegründet hat. Zur Zeit des Paulus war sie eine wichtige römisch geprägte Handels- und Militärstadt. Paulus hatte eine besondere Verbindung zu dieser Gemeinde und einen regen Austausch mit ihr (Apg 20,1-5; Phil 2,19ff). Ob das daran lag, dass sie mitten im Sturm einer Verfolgung entstanden war und Paulus hier eine ganz besondere Glaubenserfahrung gemacht hatte (mit Lydia und dem Kerkermeister)? Es war offenbar eine zwar kleine, aber sehr einsatzfreudige und wohltätige Gemeinde (4,13ff).

2. Anlass
Aktueller Anlass für den Brief war der Dank für das Geldgeschenk, das Paulus in seine Gefangenschaft übersandt bekommen hat – übermittelt durch Epaphroditus (2,25-30). Paulus – obwohl er sich selbst im Gefängnis befindet (1,12ff) – benutzt den Brief, um der Gemeinde Zuspruch zukommen zu lassen, ihren missionarischen Auftrag zu verdeutlichen und auf die Einmütigkeit im Glauben hinzuweisen (2,1ff).

3. Besonderheiten
Zwei „Schlüsselworte“ prägen den Brief und damit auch zwei eindeutige geistliche Schwerpunkte:
A) Freude
Der Brief selbst wird oft auch „Brief der Freude“ genannt. In der Gefangenschaft geschrieben, strahlt er tiefe Zuversicht und Siegesgewissheit aus. Der Herzton des Evangeliums kommt zum Tragen (Evangelium = frohe Botschaft, vgl. Lk 2,10). Während der Römerbrief das Fundament der christlichen Lehre bildet und der Galaterbrief von bestechender theologischer Klarheit ist, atmet der Philipperbrief eben den Grundton des Evangeliums. Ein besonders schöner Edelstein unter den Paulusbriefen! Allein 17-mal kommt das Wort „Freude“ oder „sich freuen“ vor, wie viel häufiger noch zwischen den Zeilen. Beispiele:
- am Gebet (1,4)
- an der Verkündigung des Evangeliums (1,18)
- an der Gemeinschaft (2,1-2)
- im Herrn (3,1; 4,4).
Alles soll dazu helfen, dass die Gemeinde zum Lob Gottes angeleitet wird.
B) Christus
Auffällig ist, wie oft und intensiv Paulus innig von Christus redet. Hier wird der andere „Herzton“ des Evangeliums deutlich: Der Glaube ist eine innige Beziehung zu Christus. Nicht umsonst steht mitten im Brief der berühmte „Christushymnus“ (2,5-11), der in seiner Klarheit und Kürze und auch in seiner sprachlichen Schönheit einmalig ist (nicht umsonst ist er auch im Gemeinschaftsliederbuch aufgenommen, siehe Nr. 847).
Christus ist hier angestrahlt
- als Quelle geistlicher Frucht (1,11)
- als Thema aller Verkündigung (1,18)
- als vollkommenes Beispiel göttlicher Gesinnung (2,5-11)
- als Ziel des Lebens (3,12-14)
- als entscheidender Wert des Lebens (3,7-11)
- als der, der wiederkommt und unseren Leib verklären wird (3,20-21)
- als unsere Kraft (4,13)
- als unser Reichtum (4,19).
Die Zuspitzung erfährt der Brief in Kapitel 4,4: echte Freude gibt es nur durch, bei und in Christus. Christus wiederum bewirkt beständige Freude, Dankbarkeit und Frieden.

4. Was unbedingt (auswendig) zu lernen ist
2,5-11; 2,12b-13; 3,12-14; 4,4-7.

5. Abfassungszeit
Aus einer Gefangenschaft – wahrscheinlich aus Rom (60-64 n.Chr.) oder schon vorher aus Ephesus (55 n.Chr., zur Zeit der dritten Missionsreise). Die Hinweise in 1,13 und 4,22 lassen beide Orte möglich erscheinen. Für Rom spricht, dass in der Apostelgeschichte von keiner Gefangenschaft des Paulus in Ephesus berichtet wird, jedoch ausführlich von der Gefangenschaft in Rom.

Otto Schaude