Matthäus 27, 15 - 37

Jesu Verurteilung, Verspottung und Kreuzigung
Das Unglaubliche wird hier breit erzählt: Jesus, der von Gott gesandte Retter der Welt, ist dabei, ohne Rettung in den Tod zu gehen. Die Einzelheiten sind quälend konkret und realistisch, kein bisschen heldenhaft. Der Ablauf seiner Verurteilung ist eng mit den verschiedensten Menschen verbunden. Das zeigt, wie sein Sterben mit unser aller Leben zusammenhängt.

Gegenstände
Man verspottete, quälte und brachte ihn zu Tode durch Gegenstände, Folterwerkzeuge, wie sie auf alten Kreuzigungsbildern richtiggehend "zitiert" werden: Kreuz und Dornenkrone, Szepter-Rohr und Geißel, Würfel und Purpurrock, Fesseln und Leiter, Nägel und Hammer. Das Leiden Jesu war wirkliches Leiden. Jesus war kein Fakir, der sich durch Trancezustände entzogen hätte. Jesus leidet: die Dornenkrone in unseren Versen ist dafür ein Beispiel. Der trockene Dornenstrauch, ein Zeichen für das Lebensfeindliche, wird nicht als Dekoration um sein Haupt geflochten. Auf den Kopf gedrückt, bohren sich die Stacheln in die Kopfhaut. Das steht für Stiche und Qualen von außen und von innen: Schmerzen und tiefe Kraftlosigkeit genauso wie Enttäuschung über Verleugnung und Verrat.
Und doch ist der Dornenkranz eine Krone: Er ist ein König, der König (V. 29.37). Leiden, Hohn - und ein König? Wie lächerlich und unpassend. Aber wenn der ureigentliche König dieser Welt wirklich leidet, kann Leiden zum Leben dazugehören, kann er mir auch in meinem Leiden helfen. "Herr stärke mich, dein Leiden zu bedenken." Unsere Nöte stehen in einem anderen Licht. Die Strophe des Weihnachtsliedes gilt auch zu Ostern: "Das ewig Licht geht da herein, gibt der Welt ein neuen Schein; es leucht wohl mitten in der Nacht und uns des Lichtes Kinder macht. Kyrieleis." Jesus das Licht der Welt leuchtet auch in mein Leiden. Gerade vom Kreuz herab. Ich gehöre zu ihm, dem Licht.

Menschen
Das Leben Jesu hängt in den letzten Stunden eng zusammen mit dem Leben der Menschen, die bei all dem Schrecklichen dabei sind. Jesus Barrabas, sein Namensvetter, der es als erster handgreiflich erlebt, wie Jesus für ihn, an seiner Stelle, stirbt. Pilatus, der sich heraushält, Verantwortung und Stellungnahme verweigert. Die Frau des Pilatus, die sich sensibel durch einen Traum ansprechen lässt. Simon von Kyrene, der erste, der Jesu Kreuz trug und dessen Söhne später vermutlich auch "das Kreuz auf sich nahmen" und ihm nachfolgten (Rö 16,13). Die neidischen Führer des Volkes, ängstlich auf Machterhalt und religiöse Ordnung bedacht. Soldaten, die ihre Pflicht tun. Die Menge, die sich führen und treiben lässt. Und keine Rede von den Jüngern.

Fragen zum Gespräch:
Bei welchen Menschen würde ich, genau besehen, stehen?
Wie reagiere ich angesichts von Widerstand und Leiden?
Wie eng hänge ich an dem, was mit Jesus geschah?
Erlebe ich das: "mit Christus sterben und auferstehen"?

Pfarrer Friedbert Baur, Bernloch