Matthäus 26, 69 - 27, 14

Eine Chance für Versager?
Nach dem Todesurteil der geistlichen Macht (Hohen Rat) bedarf es jetzt des Urteils der staatlichen Macht. Jesus wird Pilatus überantwortet und angeklagt, als König der Juden im Widerspruch zur kaiserlichen Macht zu stehen. Doch die Frage nach dem König der Juden ist nur vordergründig eine politische. Im Kern ist sie die geistliche Frage nach dem, der von Gott eingesetzt ist, die Königsherrschaft Gottes aufzurichten. Der König der Juden wird dies tun und von Sünde und Tod befreien. Für uns stellt sich die Frage, wer in diesem Königreich leben darf. Eine exemplarische Antwort erhalten wir durch die eingeschobenen Berichte von der Verleugnung des Petrus und dem Ende des Judas. Gibt es Gnade für Versager?

Petrus - und der Zugang zum Königreich Gottes
Dem "ich nicht" aus Kap. 26,35 entspricht der Mut, mit dem Petrus sich in die Höhle des Löwen wagt. Obwohl er sich schützend vor Jesus stellen wollte und einen bewaffneten Angriff auf einen Knecht des Hohenpriesters riskiert hat, getraut er sich in den Hof des hohenpriesterlichen Palastes. Sein Mut geht sogar so weit, dass er sich ans Feuer setzt. Er muß damit rechnen, erkannt zu werden. Ist es Überheblichkeit, die Petrus so viel riskieren lässt?
Trotzdem wird Petrus kalt erwischt. Nicht einer der Knechte, sondern eine Magd schöpft Verdacht und bezichtigt Petrus, zu Jesus zu gehören. Petrus' Stärke beginnt zu zerbrechen. Es kommt, wie Jesus es angekündigt hat. Drei Mal tappt er in die Falle. Drei Mal verleugnet er Jesus. Ist das eigene Leben und die eigene Sicherheit letztlich doch wichtiger? Wir wissen nicht, weshalb Petrus Jesus verleugnet hat, müssen aber doch mit Erschrecken erkennen, dass auch bei edelster Motivation der Schritt zur Verleugnung sehr nahe liegt. Auffallend ist, dass Petrus bewusst die Unwahrheit sagt, dass er seine Haltung sogar mit einem Fluch unterstreicht und sich von Jesus distanziert. Da kräht der Hahn. Wie von einem Wecker wird Petrus aus seiner "Traum"-Welt in die Wirklichkeit zurückgeholt. Ihm wird bewusst, was er eben getan hat. Sein Versagen klagt ihn an. Schuld trennt ihn von Jesus. Der letzte Funke eigener Stärke zerbricht. Petrus ist am Ende. "Und er ging hinaus und weinte bitterlich!" Es fließen Tränen echter Reue, Tränen der Scham und der Verzweiflung, Tränen der bitteren Erkenntnis: ich habe versagt. Jetzt kann er nichts mehr tun. Er muß eingestehen, dass alle menschliche Stärke eigentlich nur Scheinstärke ist.
Petrus gibt das Heft aus der Hand. Was weiter wird, ist allein Sache Gottes.

Judas - wie man sich selbst den Zugang zum Königreich Gottes verbaut
Wie Petrus erkennt Judas den großen Fehler, den er begangen hat. Er bereut seine Tat und versucht sie wieder gut zu machen. Er bringt das Geld zurück zu den Hohenpriestern. Er bekennt: "Ich habe unschuldig Blut verraten!", wird aber von den Hohenpriestern abgewiesen. Da er nicht weitersieht, wirft er die 30 Silberlinge in den Tempel. Er löst sich von dem, was ihm Unheil gebracht hat. Bis hierher bewegt sich Judas auf dem guten Weg der Buße. Nun aber folgt der fatale Schritt. Am Ende wirft er sich nicht in Gottes Hand mit seiner Schuld. Er sieht, dass seine Tat nicht wieder gutzumachen ist und nimmt das Gericht in die eigene Hand, statt es Gott zu überlassen. Er will sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen. In seiner Verzweiflung richtet er sich selbst.

Fragen zum Gespräch:
Wie sieht es mit meiner Treue zu Jesus aus?
Gibt es eine Sünde in meinem Leben, für die Christus nicht gestorben ist?
Gnade heißt: alles von Jesus zu erwarten. Bin ich dazu bereit?

Schlussbemerkung: Wir können nie tiefer fallen als in die gnädige Hand unseres Herrn. Er ist treu und vergibt uns alle Sünde, wenn wir umkehren zu ihm.

Pfarrer Hans-Joachim Baumann, Römerstein