Matthäus 18,15-35

Regeln für das Zusammenleben in einer christlichen Gemeinde

Die reine Gemeinde gibt es nicht. In der Jüngerschaft aller Zeiten wird es Sünde geben. Luther sagte: Wir sind "Gerechte und Sünder zugleich". Wie aber geht man dem Willen Gottes entsprechend damit um? Jesus gibt Regeln dazu.

Der Umgang mit offenkundigen Sünden
Hier sind nicht die Gedankensünden angesprochen. Hier geht es um die offenkundige, für alle wahrnehmbare Sünde. Die suchende Liebe will zunächst den Mitchristen unter vier Augen gewinnen. Bei Erfolglosigkeit soll ein dritter oder vierter dazugenommen werden. Kann auch diese Maßnahme nichts ausrichten, soll eine Gemeindeversammlung einberufen werden. Hilft auch sie nicht, folgt der Ausschluss. Das ist aber nicht das vorweggenommene Jüngste Gericht! Auch solche Menschen haben noch die Chance der Umkehr, so wie "Heiden und Zöllner". Lässt sich das in einer Volkskirche umsetzen? Luther hielt dies für unmöglich. Nur bei denen, "die mit Ernst Christen sein wollen", könne man diese Regel anwenden. Gemeinschaften, Hausbibelkreise, Mitarbeiterkreise sollten diese Regel neu bedenken und verantwortlich vor Gott ausüben.

Die Gemeinde Jesu hat die Vollmacht, Sünde zu vergeben. Das geschieht auf vielfache Weise: in der Beichte, beim Abendmahl, im Gottesdienst. Jeder Jünger, der selbst in der Seelsorge Jesu steht und verschwiegen ist, hat von Jesus die Vollmacht, einem andern die Sünde zu vergeben; insbesondere die nach der Ordnung der Gemeinde berufenen Seelsorger.

Das gemeinsame Beten
Die Gemeinde Jesu lebt unter der Verheißung der Gebetserhörung und der Gegenwart ihres Herrn. Dabei ist zu bedenken: Es gibt das einsame und das gemeinsame Beten. Die Gemeinde beginnt mit der Zahl "zwei". Wie tröstlich ist das gerade für kleine Gruppen! Das "geistliche Einswerden" bedeutet das Beten im Namen Jesu, in den Linien Jesu, nach dem Willen Jesu; egoistische und schädliche Gebete können nicht im Namen Jesu vorgetragen werden. Und wenn die zwei oder mehr Jünger sich täuschen? Dann bleibt ihr Beten immer noch ein Reden mit dem Vater, der weiter sieht, der alles übersieht, der das Beste für die Seinen will, auch wenn seine Jünger das nicht so sehen können.

Und auch seine Verheißung gilt dann noch, dass er bei den Seinen ist, unsichtbar, aber wirklich. Das gibt Kraft und Zuversicht - und einen "Dennoch-Glauben" (Psalm 73).

Vergebung empfangen und weitergeben
Dazu erzählt Jesus ein Gleichnis, das Gleichnis vom "Schalksknecht". Was Vergeben ist, sieht man an Gottes Vergeben: Jeder Mensch häuft maßlose Schuld auf sich (so leben, als gäbe es Gott gar nicht; Lieblosigkeiten, böse Gedanken, böse Taten, Gleichgültigkeit dem Wort Gottes gegenüber...). So kann er nicht zu Gott kommen. Nur der Gnadenweg rettet ihn. Und "Gott ist gnädig und barmherzig, geduldig und von großer Güte". Das Gleichnis Jesu sagt: Gott ist unbegrenzt barmherzig und vergebungsbereit. Denn Gott will, dass kein Mensch verloren geht. Von dieser Gnade Gottes leben alle Menschen.

Viele Menschen lassen sich die Vergebung Gottes zusprechen. Weitergeben wollen sie Vergebung aber nur in Grenzen. Und siebenmal ist viel, aber begrenzt! Dabei sollte Petrus nicht so schnell getadelt werden! Denn wiederholtes Vergeben ist schwer. Da wird der Stolz getroffen, und die Sorge wächst, unter den Schlitten zu kommen.

Aber Jesus bindet Vergeben und Weitergeben von Vergebung untrennbar zusammen. Das Gleichnis zeigt uns die "Hässlichkeit" des Jüngers, der seinem Mitjünger die viel kleinere Schuld nicht vergeben will. Aber Gott ist unser Tun nicht verborgen. Wer nicht vergibt, kommt in Gottes Gericht. Gottes Vergebung hängt also daran, dass vergeben wird. Nicht umsonst lehrt Jesus im Vaterunser: "Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern...".

Die Kraft zur Vergebung kommt allein aus der engen Verbindung zu Jesus, aus der Liebe zu ihm und zu den Mitmenschen. Wie schön kann es in der Gemeinde sein, wenn wir einander lieben, und das heißt auch: einander vergeben.

Fragen zum Gespräch:
· Wie gehen wir mit "Sünden" in unseren Reihen um?
· Welche Chancen liegen im Zusammenkommen der Zwei oder Drei im Namen Jesu?
· Warum fällt uns das Vergeben oft so schwer?

Emil Haag

Für Kinder:
Beispiel aus der Welt der Kinder: Ein Kind verursacht einen dicken Kratzer in Vaters Wagen, erlebt Vergebung - und verzeiht seinem Bruder nicht, der ihm ein Legomännchen kaputtmacht.
Anderes Beispiel: Corrie ten Boom reicht einem KZ-Aufseher die Hand zur Versöhnung.