Galater 6,1-18

Gemeinschaft im Geiste Jesu

Christ zu sein, hat Konsequenzen. In Gal 5,25 bringt der Apostel Paulus den Zusammenhang von Glaube und Leben klassisch zum Ausdruck. Die Folgerungen in Kap 6 können uns helfen, das alte Jahr im Geiste Jesu zu beschließen. Sie weisen uns ein in ein „geistliches“ Leben im neuen. „Geistlich“ heißt für Paulus immer auch „gemeinschaftlich“. Denn Christ zu sein heißt, in eine Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern hineingestellt zu sein.

Gemeinschaft der gerechtfertigten Sünder (V. 1-5)
Eine christliche Gemeinschaft ist keine Gemeinschaft der Vollkommenen. Kein Christ ist perfekt. Auch als Leute, die mit Ernst Christen sein wollen, machen wir Fehler. Verfehlungen bleiben nicht aus. Aber diese sollen nicht Anlass zur Aufkündigung der Gemeinschaft sein. Sie sind der Bewährungsfall für ernsthafte geistliche Gemeinschaft. Wenn Gott um Christ willen Sünder nicht fallen läßt, dann wir auch nicht! Wenn Gott zu Vergebung und Versöhnung bereit ist, dann wir auch! Wenn er uns trägt und erträgt, dann wir einander auch! Art und Vorbild Jesu, das „Gesetz Christi“ halten uns an, Schwächen und Fehler, Verfehlung und Schuld des anderen auf uns zu nehmen und der Schwester oder dem Bruder so zur Seite zu gehen, dass sie bzw. er auf den guten Weg zurückfindet. Wer vor sich ehrlich ist, weiß: Allzu bald werde ich selbst auf solche Hilfe oder Korrektur angewiesen sein. Als Gemeinschaft gerechtfertigter Sünder sollen wir miteinander „geistlich“ umgehen.

Gemeinschaft im Tun des Guten (V. 6-10)
Die Erkenntnis unserer Fehlsamkeit darf nicht als billige Entschuldigung dienen. Die Güte Gottes verpflichtet Christen zum Guten. Was Paulus mit „allem Guten“ meint, was es heißt, „Gutes zu tun“, bleibt unbestimmt. Die Phantasie der Liebe, die im Wort Gottes ihren Nährboden und in Jesus Christus ihr leuchtendes Vorbild hat, sagt uns, was „das Gute“ jeweils ist. Der Bezug auf Saat und Ernte verdeutlicht weiterführend , dass es darum geht, zum Leben, vornehmlich zum geistlichen Leben zu helfen. Und er stellt unser Tun und Lassen des Guten hinein in den Horizont von Wiederkunft und Gericht Jesu (vgl. Mt 25,31-46). Alles Tun oder Lassen hat Folgen schon in dieser Zeit und auch für die Ewigkeit. Weil dies in den tagtäglichen Herausforderungen so leicht aus dem Blick gerät und Frustrationen nicht ausbleiben können, ermuntert Paulus: „Lasst uns aber... nicht müde werden“.

Gemeinschaft unter dem Gekreuzigten (V. 11-17)
Der Apostel kämpft darum, dass das, was Jesus Christus am Kreuz tat, zum ewigen Heil reicht und keiner Ergänzung bedarf - ja, dass jede Ergänzung (wie die in den Gemeinden laut gewordene Forderung der Beschneidung oder des Gehorsams gegenüber den alttestamentlichen Geboten) die Kreuzesbotschaft im Kern zerstört. Deshalb will er sich allein des Kreuzes rühmen und nichts weiter verkündigen als den Gekreuzigten. Das Kreuz allein macht uns der Liebe Gottes gewiss. Allein im Kreuz sind Frieden und Barmherzigkeit zu finden. Mit seinem Leben und Leiden steht Paulus dafür ein. Dafür nimmt er Auseinandersetzungen und Verfolgungen in Kauf. Wie das Kreuz Jesu am Ende des Galaterbriefes hoch aufgerichtet steht, steht es über dem vergangenen Jahr mit allem, was es umschloss – und über dem neuen!

Gemeinschaft unter Gottes Segen (V. 18)
Die Zusage gilt. Sie ist uns gegeben für die kommende Nacht und für alle Tage des neuen Jahres. Eingeschlossen ist in Jesu Christi Gnade, was war und was kommt, unser Tun und Lassen, Gelingen und Scheitern.

Fragen zum Gespräch:
· Wie können wir „mit sanftmütigem Geist“ einander zurechtweisen und zurechthelfen?
· Blockieren Verfehlung und Schuld hier und Rechthaberei und Selbstgerechtigkeit da unsere Gemeinschaft?
· Was wollen wir unter dem Kreuz Jesu ablegen?
· Wo sind wir zum Guten gefordert?

Dekan Harald Klingler, Bad Urach