Galater 3,15-29
Verheißung und Erbe
Paulus vergleicht die Segensverheißung an Abraham mit einem rechtskräftig wirksamen Testament. Es gilt Christus als dem „eigentlichen“ Samen Abrahams und in Christus den an ihn glaubenden Völkern. Im Kern enthält sie schon das Evangelium! Gott hat diese Verheißung nie zurückgenommen. Auch das erst später durch Mose gegebene Gesetz kann sie weder verändern noch außer Kraft setzen. Das wäre dann der Fall, wenn das Erbe, der Anteil an der Verheißung, durch das Gesetz käme – dann wäre die Zusage der Verheißung entwertet. Das Erbe aber ist nicht an Bedingungen des Gesetzes gebunden, sondern Gott gibt es durch seine Verheißung aus freien Stücken, allein aus Gnade.
Das Gesetz als „Pädagoge“
Das Gesetz ist damit etwas „anderes“ als die Verheißung, es steht weder gegen sie noch in Konkurrenz zu ihr. Das wäre dann der Fall, wenn es Leben schaffen könnte. Aber seine Auf-gabe ist eine andere: Es soll Sünde aufdecken, die Sündenverfallenheit aller schonungslos ans Licht bringen, kurzum: alles unter der Sünde „einschließen“. Heilen kann es die Sündhaftigkeit nicht, aber gerade in seiner Begrenztheit soll es ein Hinweis darauf sein, dass das Ziel ein anderes ist: die Verheißung, das Evangelium.
Die Schrift „will uns damit nicht die Verheißung nehmen, sondern den Weg zu ihr bahnen“. Die Verheißung empfangen wir aus Gnaden und nicht als Lohn unserer Werke. Mit dem Gesetz nimmt Gott uns so „die Möglichkeit, unser Vertrauen auf uns selbst zu gründen, und nötigt uns, an Christus uns zu halten“ (A. Schlatter).
Paulus unterscheidet zwei Zeiten: „bevor der Glaube kam“ (23) – „als aber der Glaube kam“ (25). Die erste Zeit ist die Zeit der „Aufsicht“ des Gesetzes. Es soll uns in unserer Sünde „in Haft“ halten. Es ist unser „Zuchtmeister“, wörtlich: „Pädagoge“, freilich nicht im heutigen Sinn. Gemeint ist vielmehr der Aufsehersklave heranwachsender Knaben, der mit diesen nicht gerade zimperlich umzugehen pflegte. Er konnte wohl die Strenge des Vaters vermitteln, nicht aber seine Liebe.
Diese Zeit der Unmündigkeit reicht bis zum Kommen „des Glaubens“. Mit ihm ist die Aufgabe des „Zuchtmeisters“ beendet (vgl. Rö 10,4). In Christus Jesus sind wir nun erwachsene, freie Söhne Gottes, seine geliebten Kinder.
„Christus anziehen“
Im Glauben an Christus sind wir durch den Glauben gerecht. Rechtfertigung ist aber nicht nur der Freispruch von der Sünde, nicht nur Gerechtsprechung, sondern auch Gerechtmachung. Wo Menschen durch Glauben und Taufe Christus „anziehen“, da schafft Gott eine grundlegende Veränderung, da werden sie zu „neuen Kreaturen“ (2.Kor 5,17). Die Spaltungen, die das Zusammenleben der Menschheit kennzeichnen, die Aufteilung in Frauen und Männer, in Juden und Griechen, in Sklaven und Freie sind in Christus überwunden. Äußerlich gesehen bestehen sie nach wie vor, aber vor Gott sind sie belanglos, sie haben ihre Heilsbedeutung verloren und sind deshalb auch in der Gemeinde nicht mehr trennend und begrenzend. Hier sind alle „ein einziger“, eins in Jesus Christus! Sie haben „alles Gut gemein und alle Himmelsgüter“ (GL 209,1), sie sind der wahre „Same Abrahams“ (vgl. V.7) und deshalb Erben der Segensverheißung.
Fragen zum Gespräch:
· Wo verwenden wir das Gesetz nach der ihm von Gott gegebenen Bestimmung, wo in einer „Gesetzlichkeit“, die gegen das Evangelium ist?
· Weshalb ist es nötig, „Gesetz“ und „Evangelium“ zu unterscheiden?
· Wo halten wir in der Gemeinschaft / Gemeinde an Unterschieden fest, die in Christus ihren trennenden Charakter längst verloren haben?
· Wie kann in Christus geschenkte Einheit in unserer Gemeinde / Gemeinschaft Gestalt gewinnen und erfahrbar werden?
Pfarrer Johannes Zimmermann
Impulse zur Veranschaulichung für Erwachsene und Kinder:
Jedes Kind bekommt einen Luftballon, auf dem Dinge stehen, die uns manchmal bedrücken (z.B. schlechte Noten, Krankheit, Streit ...). Die Kinder dürfen die Luftballons aufblasen und vorlesen, was darauf steht. Wie wohltuend, wenn uns solche Dinge abgenommen werden! Auf Kommando lassen sie die Luftballons durch den Saal schnurren. Dann wird noch ein Luftballon aufgeblasen. Auf ihm steht: „Sich den Himmel verdienen“. Wie anstrengend – und es reicht doch nie. Durch Jesus Christus bekommen wir die Gotteskindschaft geschenkt und können befreit aufatmen (auch dieser Luftballon schnurrt davon)!