Apostelgeschichte 7,1-60

Heilsgeschichte Gottes – Geschichte menschlichen Versagens

Die lange Rede des Stephanus vor dem Hohen Rat ist ein Schnelldurchgang durch die Geschichte Israels. Geschichte kann man auf verschiedene Weise betreiben. Man kann sich mit der Geschichte beschäftigen, um Wissen über die Vergangenheit zu erwerben oder auch um die Gegenwart besser zu verstehen, man kann sogar Fehler in der Vergangenheit betrachten, um für die Zukunft zu lernen – obwohl wir Menschen das nur selten tun.
Stephanus zeigt uns die Geschichte Israels aus zwei Blickwinkeln: das Handeln Gottes und das Verhalten der Menschen.

Gottes Handeln an Israel
Seit der Zeit, als Gott Abraham rief und mit ihm einen Bund schloss, ist der Herr der Gott Israels, d.h. Abrahams und seiner Nachkommen. Von Anfang an gibt Gott den von ihm erwählten Menschen seine Verheißungen und seine Ordnungen mit. Abraham bekommt die Verheißung, dass seinen Nachkommen das ganze Land gehören wird, in dem er selbst nur als Fremder wohnt, und er bekommt die Ordnung der Beschneidung. Das ist das Zeichen des Bundes, den Gott mit Abraham geschlossen hat. Deshalb sollen alle männlichen Kinder unter Abrahams Nachkommen auch beschnitten werden, damit deutlich wird, dass der Bund nicht nur Abraham als Person gilt, sondern allen seinen Kindern und Kindeskindern. Gott handelt, indem er Menschen aus ihrem vertrauten Leben herausruft und ihnen seine Gemeinschaft schenkt – er schließt einen Bund mit ihnen. Dazu gibt er seine Ordnungen und Gebote, damit wir Menschen wissen, wie wir der neuen Situation entsprechend leben können.
Bei Abraham angefangen, zeigt Stephanus diese Art Gottes, unter den Menschen zu wirken, an einigen Stationen der Geschichte Israels.

Das Versagen der Menschen
Dem Handeln Gottes steht das Versagen der Menschen gegenüber. Auch bei Abraham lässt sich im AT einiges finden, was vor Gott nicht in Ordnung war, aber Stephanus greift als ersten Punkt heraus, wie Mose von seinen eigenen Mitbrüdern nicht anerkannt wird und aus Ägypten flieht. Sie wollen Mose nicht als Richter über sich haben, sehen auch nicht, dass er als Prinz Ägyptens ihnen vielleicht helfen könnte.
Vierzig Jahre später setzt Gott diesen Mose dann offiziell als Führer seines Volkes ein. Das Volk aber gehorcht ihm trotzdem nicht. Die Wanderung durch die Wüste ist die Geschichte eines Volkes, das am Vertrauen und am Gehorsam gegenüber seinem Gott immer wieder scheitert. Sie ist ein Abbild für die Geschichte der Menschheit mit Gott, ihrem Schöpfer, überhaupt. Stephanus greift hier als Spitze des Eisbergs den Tanz um das goldene Kalb und die Vorwürfe des Propheten Amos heraus: In der Wüste habt ihr dem Herrn keine Opfer gebracht, sondern den Götzen.
Stephanus schließt seine Verteidigungsrede, die in Wirklichkeit eine Anklage an seine Mitjuden ist, mit der Frage nach der Wohnung Gottes: Kann Gott, der die Erde und den Himmel und alles darauf und darin geschaffen hat, denn wirklich in ein von Menschen gebautes Haus gezwängt werden? Ist es nicht seine freie Entscheidung, wo er sich finden lässt? Jetzt ist er in Jesus Christus, dem Gerechten, zu finden.

Die Entscheidung
„Da ging es ihnen durchs Herz“: Die gleichen Worte benutzt Lukas, um die Wirkung der Pfingstpredigt des Petrus zu beschreiben. Nur die Wirkung war anders: Bei Petrus fragten die Hörer: „Was sollen wir jetzt tun?“ Und sie bekehrten sich zu Christus. Bei Stephanus greifen sie nach den Steinen. Die Entscheidung, dass Stephanus nur im Unrecht sein kann, weil alle religiöse und fromme Tradition Israels gegen ihn spricht, liegt von vornherein fest.
Die Predigt von Jesus Christus führt bei Menschen immer zu einer Entscheidung. Die Predigt von Christus bewegt das Herz der Menschen, die sie hören. Nur die Richtung der Entscheidung ist manchmal eine andere, als wir uns das wünschen. Nicht alle wollen Jesus gehorchen, aber wer nicht für ihn ist, muss dann gegen ihn sein. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. So endet die Rede des Stephanus mit seiner Hinrichtung, weil die Zuhörer Gottes neuen Wegen nicht folgen wollen. Stephanus aber darf als Bestätigung seines Bekenntnisses einen Blick in die himmlische Herrlichkeit tun und in der Gewissheit sterben, dass unser Herr ihn aufnimmt.

Fragen zum Gespräch:
· Wo zeigt mein Leben Spuren von Gottes Handeln?
· Wo habe ich in Vertrauen oder Nachfolge versagt? Habe ich Jesus dafür um Vergebung gebeten, oder rechtfertige ich mich selbst?
· Höre ich die Predigt von Jesus Christus mit offenen oder mit verstopften Ohren?
· Wie entscheide ich mich, wenn mir Gottes Wort „durchs Herz geht“?

Thorsten Müller, Göppingen

Impulse zur Veranschaulichung für Erwachsene und Kinder:
· Gott wirkt in der Geschichte - oft so verborgen, dass die große Linie erst später sichtbar wird. Zur Veranschaulichung könnte ein Liederpuzzle dienen: Zwei Leute werden vor die Tür geschickt. Ein bekanntes Lied wird in kurze Abschnitte unterteilt und verschiedenen Gruppen zum Singen zugeordnet, die nachher alle gleichzeitig ihren Teil singen. Wer hat es am schnellsten sortiert?
· Lattenzaun (s.13.7.) erweitern.