Psalm 63

Eine besondere Gotteserfahrung

Psalmen stehen in dieser Adventszeit auf dem Textplan. Mit Psalmen beten lernen – damit unser Herz auf eine persönliche Gottesbegegnung recht vorbereitet wird. Damit es innerlich Advent wird! Christus will kommen – sind wir bereit? Dieser Psalm hilft uns dazu.
Es ist ein Psalm aus der Wüste. Wüste: ein Bild des Menschen ohne Gott. Gottes Geist hat noch nicht ordnend eingegriffen (vgl. 1Mo 1,2a). Das Besondere: Wenn es in der Wüste regnet, fängt es alsbald an zu grünen und zu blühen. So auch, wenn in die innere Wüste und Gottesferne Lebenswasser kommt! Dieses Psalmgebet geht den Weg von der inneren Wüste und der Sehnsucht nach Gott über die Entdeckung der Geborgenheit und dem Geschenk der tiefen inneren Freude.

Ort des Durstes (V. 2-3)
Durst kennzeichnet die Situation in der Wüste. Es fehlt spürbar etwas. So hat jeder Mensch ohne Gott tiefen Durst nach Leben (vgl. GL 322,1-3). Es ist letztlich Durst nach Gott, Sehnsucht nach Gott (V. 2). Welches Suchen gibt es doch heute, um diesen Durst zu stillen: bei den unterschiedlichsten Religionen, bei Selbsterfahrungsgruppen und durch Yoga ...
Der erste Schritt zum Leben ist diese Erkenntnis: Ich brauche Gott – ich brauche dich, und zwar total! „Meine Seele dürstet nach dir“ (Ps 73,25.26). David will den Blick gewinnen für „deine Macht und deine Herrlichkeit“ (V. 3). Er will nicht Materie, sondern Gott; er will nicht die Gaben, sondern den Geber. „Nicht im Geschöpf, nicht in den Gaben, mein Ruhplatz liegt in dir allein“ (GL 274, 3). Wie wesentlich ist doch dieser Blick, diese Erkenntnis, dieses Gebet – für jeden von uns immer wieder neu! In diesem Gebet liegt ein Geheimnis, weil es den Menschen vom Suchen zum Finden führt. Es geht nicht darum, auf erhebende Gefühle zu warten, sondern die Herrlichkeit Jesu zu erbitten und zu schauen. Wir sehen sie in der Krippe (GL 59,4) und am Kreuz. Diese Entdeckung durch ein solches Gebet bewirkt eine tiefe innere Freude.

Ort der Freude (V. 4-6)
David kam immer wieder ins Loben hinein, wenn er an Gott dachte und mit ihm sprach. Ein Sehnsuchts-Gebet führt zum Schauen (Mt 7,7). Menschen der Bibel haben immer wieder die Entdeckung gemacht, dass im Gebet die quälenden Fragen verstummen, weil eine geheimnisvolle Umwertung der Werte stattfindet (vgl. Ps 42; 62; 73 u.a.). Warum? Weil der Umgang mit Gott sättigt, Gottes Güte (V. 4) entdecken lässt und zu einer tiefen Freude an Gott führt (vgl. Neh 8,10). „Nicht das Leben als solches, sondern die huldvoll gewährte Gemeinschaft mit Gott ist das Beste, was der Mensch empfangen kann“ (Hans-Joachim Kraus). So ist es auch für uns wesentlich, Gottes Macht, Gottes Herrlichkeit und Gottes Güte anzuschauen. Es gibt Worte der Bibel, die uns hierin gleichsam an der Hand nehmen und ins Loben hineinführen (z.B. Eph 1,3-14; Röm 8; Ps 103; 145; 146 ...). Freude bricht auf und die Entdeckung der Geborgenheit in Gott.

Ort der Geborgenheit (V. 7-9)
David lernt, mit Gott umzugehen (V. 7). So verfliegen Sorgen, und andere Dinge werden in den Hintergrund gedrängt. Solche Verbindung mit Gott kann auch nachts nicht abbrechen. Wer mit Gott einschläft, wacht mit ihm auf. Dadurch bleibt das Denken bewahrt. „Wer Gott betrachtet, wählt einen Gegenstand, der so unermesslich ist, dass unsere Gedanken sich in seiner Tiefe verlieren. Nichts bereichert unsere Einsicht oder erweitert unsere Seele so sehr wie ein andächtiges, ernsthaftes Forschen nach Gott“ (Spurgeon). So ist David geborgen bei Gott und kann trotz mancher Nöte in diesem Frieden leben. Diese Geborgenheit beschreibt er mit dem Bild von den Flügeln und dem schützenden Schatten. Vielleicht denkt er bei den Flügeln an eine Glucke, die ihre Küken unter ihren Flügeln birgt. Oder hat David die beiden Cherubim vor Augen, die ihre Flügel über die Bundeslade – den Ort der Gegenwart Gottes – breiteten (2Mo 25,20; Mt 23,37)? „Die Bilder, in denen die Bibel das Geborgensein in Gott beschreibt, sind besonders kostbar. Das Bild von den Flügeln betont, wie unangreifbar der, den der Herr beschirmt, den Nachstellungen seiner Feinde entzogen ist“ (Lamparter). Nicht die Nöte sind weg – aber mitten in den Nöten gibt es Geborgenheit wie bei David. Das Bild vom Schatten ist uns im Blick auf den vergangenen heißen Sommer besonders eindrücklich. Vielfach gebraucht die Bibel dieses Bild (Ps 17,8; 36,8; 91,1.2 ..). Hier ist von keinem natürlichen Schatten, sondern von dem „Schatten deiner Flügel“ die Rede. Im Neuen Testament lesen wir dazu Rö 8,31-39.
Der letzte Teil (V. 10-12) greift das Ganze noch einmal auf und wiederholt es sehr komprimiert. Eine Gotteserfahrung – zu allen Zeiten!

Fragen zum Gespräch:
· Womit beschäftigen wir uns mit unseren Gedanken des Nachts?
· Wo suchen Menschen heute in besonderer Weise ihren Lebensdurst zu stillen?
· Wir berichten von einer Erfahrung der Geborgenheit in unserem Leben.

Otto Schaude, Reutlingen

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
- Wir tragen zusammen, mit welchen Tätigkeitsworten David hier seine Beziehung zu Gott ausdrückt. Auf einem Plakat wird dies in eine Spalte eingetragen, in eine zweite Spalte kommen Aussagen über Gott.

Impulse zur Veranschaulichung