Jona 4

Die Botschaft von der Gnade Gottes

Genau das habe ich vermutet!
Nur zu leicht nehmen wir uns selber schrecklich wichtig. Dann fällt es uns schwer, Augen für Gott zu haben. Ebenso leicht haben wir den Kopf voller eigener Ideen. Zu solchen Zeiten ist es außerordentlich schwierig, Gottes Gedanken Raum zu geben. Jona ist dabei, das festzustellen. Er nimmt sich ziemlich wichtig. Schließlich ist er ein Prophet, der einen guten Ruf zu verlieren hat. Er weiß, dass Gott gnädig ist und den Menschen in Ninive vergeben könnte. Wenn das geschähe, dann wäre Jonas Ruf als Prophet ruiniert. Wer sollte denn die Botschaft vom Gericht verkünden? Doch er! Offenbar denkt Jona von sich selbst höher als von Gott oder der Bevölkerung Ninives.
Jona muss gewaltig umdenken - umdenken in Bezug auf sich selbst wie auch in Bezug auf Gott und sein Handeln.

Es zürnte ihn!
In seinem Innersten ist der Bote Knecht Gottes und bleibt doch ein Glied der sündigen Menschheit.
Jona hatte versucht, Gott aus den Augen zu kommen, das hat sonst kein Zeuge Gottes getan. Die anderen Propheten ertragen es nicht, wenn sie erfahren müssen, dass ihre Worte nichts bewegen, obwohl sie den Tag des Gerichts nahen sehen. Jona aber kann nicht mit ansehen, dass Menschen seinem Ruf gehorchen, umkehren und Gottes Gnade erfahren. Auch da ist er eine Ausnahme in der Bibel. Auch für ihn gelten die Paulusworte: „Was ich tue, verstehe ich nicht, denn nicht was ich will, tue ich, sondern gerade was ich hasse, das treibe ich (Röm 7,15).

Die glauben doch nicht richtig!
Seine Verkündigung in Ninive war keine Missionspredigt. Von einer Bekehrung der Heiden, die sie mit dem Bundesvolk Israel im Glauben verbinden würde, kann keine Rede sein. Die Leute in dieser Stadt werden Heiden bleiben, wie sie es bisher gewesen sind. Sie werden an ihren Gottheiten festhalten. Sie werden weiterhin die Feinde Israels bleiben. Jona kennt die Assyrer zu gut, als dass er nicht wüsste, die Sünden, für die man jetzt Busse tut, werden sehr bald wieder im früheren Umfang geschehen. Was ist damit gewonnen, wenn Gott die gegenwärtige Umkehr, die menschlich heidnisch aufrichtig gemeint sein kann, vor seinem Angesicht gelten lässt?
Jona weiß auch, dass in Israel preisend gesungen wird: Barmherzig und gnädig ist Jahwe, geduldig und reich an Güte. Israel ist ja auch das Bundesvolk, aber diese Menschen in Ninive? Jona fühlt sich im Recht, aber zugleich empfindet er, dass etwas nicht stimmt. Es überkommt ihn etwas Böses. Es ist entsetzlich, Gott um seiner Güte willen anzuklagen. - Doch Gott schilt seinen Knecht nicht. Gott stellt nur eine Frage: „Schafft das etwas Gutes, dass es dich zürnt?“ Jona schweigt.

Ein heißer Ostwind
Die „große Freude“ über den Schatten spendenden Strauch wird von Ohnmacht im glühenden Südwind abgelöst. Er findet keine Ruhe und keinen Frieden in seinem Herzen. Er meint, der Tod wäre die Lösung, aber was würde der Tod denn lösen?

Zum Nachdenken:
Jona erinnert sehr an den älteren Bruder des verlorenen Sohnes, der den Vater viel zu weich und ungerecht findet.
Er hat auch Ähnlichkeit mit Petrus: „Wie oft muss ich denn vergeben?“ (Matth 18,21.22) „Solltest du dich nicht auch erbarmen, wie ich mich über dich erbarmt habe?“ (Matth 18,33).

Georg Terner