2.Mose 22,20-30

Hilfen zum Überleben des erretteten Volkes Gottes

Im vergangenen Jahr haben wir in zwei Etappen den ersten Teil des 2. Buches Mose (Exodus) durchgenommen. Das Grundgesetz Gottes für das errettete Volk ist der besondere Höhepunkt in der Vorbereitung für die Zukunft, das große Geschenk für das Volk, damit es gottgewollt überleben und in geordneten Bahnen seinen Weg ziehen kann. Die Rettung hat das Volk „ohne Verdienst und Würdigkeit“ von Gott empfangen. Jetzt gilt es, sich auf diesem Weg zu bewähren, um ans Ziel zu kommen.
In den Kapiteln 21-23 wird diese Ordnung im Einzelnen entfaltet. Es entspricht dem Wesen Gottes, dass er sich des Schwachen und Bedürftigen annimmt. Vergleichen Sie Hes 34,16; Röm 14,1; 15,1; 2.Kor 1,27; Ps 6,3; 71,9 u.a. Unter den Schwachen sind hier die Fremdlinge, die Witwen und Waisen, die Armen und Bedürftigen gemeint. Am Schluss wird das alles auf den tragenden Grund gestellt: „Ihr sollt mir heilige Leute sein.“ So schon beim Bundesschluss Kap 19,9: „Ihr sollt mir ein heiliges Volk von Priestern sein.“ So auch 3.Mose 11,45 und 19,2, ebenso im Neuen Testament in 1.Petr 2,9.
Beim Volk Gottes ist nicht eine menschlich-sittliche Qualität der Maßstab, noch viel weniger die Umgebung von anderen Völkern und Religionen, sondern die Heiligkeit und Ehre Gottes.
Unser Abschnitt besteht aus zwei Teilen mit je vier Anweisungen:

Wie geht man im Volk Gottes mit den Fremdlingen um?
Rücksichtsvoll sollen sie behandelt werden. Sie leben außerhalb ihrer Sippe und ihres Stammes ohne Landanteil und ohne eigene Rechtsvertretung. Sie sind auf Gastfreundschaft angewiesen. Darum sollen sie nicht übervorteilt werden. Diese schwache Seite darf nicht ausgenutzt werden. Da denken wir an die Millionen Fremdlinge in unserem Volk. Vor allem auch an die Asylanten. Wir können diese Situation mit der damaligen nur bedingt vergleichen. Aber das Grundanliegen unseres Textes dürfen wir in bestimmten Fällen nicht übersehen (3.Mose 19,33; Jer 22,3).

Wie gehen wir mit den Witwen und Waisen um?
Sie sind das Bild derer, denen der Rechtsschutz des Mannes bzw. des Vaters fehlt. Ihre schwache Stelle soll nicht ausgenutzt werden. Gott, der ein Vater der Witwen und Waisen ist (Ps 78,6), wird sich in seinem Zorn für sie rächen, denn die Rache ist sein (vgl. 5.Mose 10,18; 27,9; Ps 146; Jak 1,27).

Wie gehen wir mit denen um, die darauf angewiesen sind, sich Geld zu leihen?
Was im alten Orient übliches Zinsnehmen war, ist im Verkehr mit den armen Volksgenossen nicht erlaubt. Kein Wucher! Hier wird dem „Kapitalismus“, durch den die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, ein Riegel vorgeschoben. Auch Demokratie und Sozialismus sind nicht am Platz. Die Gaben Gottes im Volk sollen den Bedürftigen zugute kommen (vgl. Ps 15,1.5; 1.Kor 4,7).

So ist es auch beim Mantel, der von dem Armen als Pfand gegeben wird.
Weil er kein Geld zum Bezahlen hat, ließ er seinen Mantel als Pfand zurück. Der Mantel war zugleich seine Bettdecke. In den kühlen Nächten kann er Schaden an seiner Gesundheit nehmen. Auch da will Gott das Schreien des Bedürftigen hören und sich für ihn einsetzen.

Vier weitere Anweisungen auf einer anderen Ebene:
Wie gestalten wir unser Verhältnis zu Gott und den Obersten des Volkes?

Gott darf nicht gelästert werden. Da schneiden wir uns ins eigene Fleisch. Das ist Auflehnen und Widerspruch durch Wort und Tat. Darauf stand später die Todesstrafe (vgl. 3.Mose 24,11.14.15; 4.Mose 15,30). Ein Mensch, der sich etwas anmaßt, was Gott allein zusteht, der lästert ihn. Den Obersten soll auch nicht geflucht (Verwünschung und Beschimpfung) werden. Gemeint waren damals die 12 Stammesvertreter in ihrer Verantwortung in ganz Israel. Im Neuen Testament wird nicht nur davon abgeraten, sie zu lästern, sondern Paulus gebietet, für sie zu beten. Siehe 1.Tim 2,1-2; Röm 13,1; Apg 23,5; Röm 12,14.

Wie soll Israel umgehen mit dem Ertrag, den Gott schenkt auf den Feldern und Weinbergen?
Die Weisungen sind hier noch sehr allgemein gehalten, aber die späteren Kultabgaben werden hier schon angesprochen. Das berührt unseren Geiz und unsere Habsucht. Das betrifft alle, die irgend ein Einkommen haben. Habe ich von dem, was Gott mir zukommen lässt, eine offene Hand für andere?

Das Erste ist immer ein Angeld des Ganzen
Durch seine Darbringung wird das Ganze Gott geweiht. Wir sind vor Gott Verwalter (Lk 16,9f). Der erste Sohn soll nicht geopfert werden. Es geht um die Frage: Wem gehören unsere Kinder? Menschenvergötzung passt nicht zur Heiligkeit Gottes.

Beim Fleischessen von zerrissenen Tieren geht es nicht um unreines Fleisch, sondern um Fleisch, das nicht in erforderlicher Weise (koscher) beim Schlachten ausbluten konnte.

Schluss: Die Begründung aller dieser Anweisungen liegt in der Heiligkeit Gottes: Ihr sollt mir heilige Leute sein.

Fragen zum Gespräch:
· Wie und wo können wir uns heute für Arme und Rechtlose einsetzen?
· Wie gehen wir mit dem um, was uns Gott als monatliche Einnahme anvertraut?

Wilhelm Fiedler, Freudenstadt

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
Ein Rechtsschutzversicherungsheft (z.B. vom ADAC) mitbringen und erklären, warum man diese Versicherung abgeschlossen hat. Heute geht es um einen Text, in dem Gott eine Rechtsschutzversicherung abschließt. Hören wir heraus für wen? > Speziell für die Schwachen.
Achtung: Die Begründung für all diese Anweisungen liegt in der Wesensart Gottes. Wir sollen Gottes Wesen widerspiegeln (auch an den folgenden Sonntagen zu beachten)!
Konkretes Beispiel (V. 20): Fremde bei uns.
Impuls: Ein ausländisches Kind erzählt, was es erlebt hat, als es nach Deutschland kam. Oder deutsche Kinder erzählen, was sie mit Ausländerkindern erlebt haben. Oder: Wer von den Älteren war Flüchtlingskind und kann Erfahrungen erzählen?