2. Mose 18,1-27

Ein überforderter Mitarbeiter

1. Ein erfreulicher Festtag(sbesuch)
Mose erhält Besuch – mitten im Wüstenalltag! Welch wunderbares Ereignis. Der Grund war nicht Neugier des Jitro oder seine Absicht, „nach dem Rechten zu sehen“. Nein! Die großen Taten Gottes weckten Interesse (V. 1). Jitro bringt Geschenke mit: Moses Familie. Er hatte sie um des Reiches Gottes willen zurückgestellt. Welche Stärkung bedeutete nunmehr der Besuch! Die Namen seiner Söhne waren eine Predigt:
· Gerschom (Gast/Fremdling) verweist uns auf Phil 3,20 und Hebr 13,14.
· Elieser (Gott ist meine Hilfe) verweist auf die Psalmen 46 und 121.
Der Inhalt des Gesprächs: Nicht das Wetter, die Kinder u.a., sondern die großen Taten Gottes (V. 8). Dabei wird auch die Mühsal und Not (V. 8b) nicht ausgeblendet, sondern eingebettet in den Ruhm Gottes. Wie bedeutend war wohl dieses Glaubenszeugnis des Mose für seine Frau und die Kinder, gerade für die Weitergabe des Glaubens (vgl. 5Mo 6,20; Ps 78). Jitro zeigt die Fähigkeit zum Zuhören und zur Anteilnahme, dazu echte Mitfreude, die gerade dann nicht selbstverständlich ist, wenn Gott einen Menschen reich segnet (vgl. Phil 1,18; Mt 20,15 und den älteren Bruder in Lk 15).
Das Ergebnis: gemeinsames Gotteslob. Jitro klopft nicht seinem Schwiegersohn auf die Schulter: Gut gemacht (Stolz der Verwandtschaft!). Nicht Mose stand im Vordergrund, sondern Gottes Taten. Dieses ehrliche Gotteslob ist ein Beleg dafür, dass es Mose um Gottes Ehre ging. Wir kennen die Gefahr der eigenen Ehre (Ps 115,1). Gemeinsames Gotteslob bewirkt auch (V. 12)
- gemeinsames Handeln
- gemeinsames Opfern
- und echte Gemeinschaft, die Familien, unterschiedliche Völker (Israeliten und Midianiter) und Generationen untereinander verbindet (Ps 148,12.13).
Alles scheint in bester Ordnung – also: alle Tage Sonnenschein?

2. Ein schwieriger Alltag
Jitro erlebt den Alltag des Mose. Will man einen Bruder/eine Schwester kennen lernen, lerne ihren Alltag kennen. Zu oft begegnen wir uns nur sonntags, bei Freizeiten u.a. Und so erlebt Jitro Probleme im Volk Gottes: Streit als Realität (V. 16) und Probleme bei Mose: schwerer Stress (V. 13) auch damals. Er erlebt vor allem die wahren Belastungen. Worin liegt das Problem?
· Überforderung
Mose erhält in der Bibel ein hohes Lob (4Mo 12,17; 5Mo 34,10; Hebr 3,2). Er war treu, gewissenhaft (V. 16), aber es war „zu schwer“. Es sind stets die Besten, die gefährdet sind. Sie laden sich zu viel auf – bis zur Erschöpfung. Viele meinen, sie müssten alles tun und können sehr schwer abgeben. Ein Christ ist immer im Dienst – aber nicht pausenlos im Einsatz.
· Falsche Prioritäten
Mose geht die Probleme fest an. Doch unmerklich verrutschen die Prioritäten, und Mose hat für das Wichtigste kaum noch Zeit (V. 19.20.; vgl. Apg 6,1-4!).
· Betriebsblindheit
Der Alltag hat sich bereits so eingeschliffen, dass es Mose gar nicht mehr merkt. Vielleicht ist er sogar ein wenig stolz, dass er so „gefragt“ ist.
Wenn bei einem Mitarbeiter die V. 19-20 nicht mehr Priorität haben, gilt V. 18 – er wird Sklave seiner Arbeit, beschwert sich und andere!

3. Der Weg aus der Krise
A. Mose erhält Rat
Jitro ist ein Ratgeber „von außen“ – er ist nicht Angehöriger des Volkes Israel. Oft sehen Menschen von außen mit der notwendigen Distanz viel schneller, wo es fehlt. Auch Nichtchristen mit Sachverstand können in wichtigen Lebensfragen (Beruf, Erziehung ...) durchaus einen nützlichen Rat geben.
Wir beachten, dass gute atmosphärische Voraussetzungen gegeben sind: der Tag, der dem Alltag vorausging (Punkt 1!). Zu betonen ist vor allem die richtige Haltung des Jitro:
- zuhören können
- den Alltag kennen lernen
- zuschauen können (V. 14).
Und so übt Jitro
· sachliche Kritik.
Er schmeichelt dem Mose nicht – er ist kein Mose-Fan. Er nennt die Dinge konkret beim Namen und bringt sie „auf den Punkt“ (V. 17.18). Wir haben Verantwortung füreinander (Hebr 10,24). Gefahr besteht einerseits darin, nichts zu sagen (um des lieben Friedens willen!) oder nur lieblose Kritik anzubringen. So nicht bei Jitro. Deshalb gibt es
· väterlichen Rat (V. 19).
Jitro kritisiert nicht lieblos, sondern zeigt die bessere Alternative und konkrete Möglichkeiten der Hilfe. Es gibt genug Leute, die nur sagen, wie man es nicht machen soll. Liebe macht auch im Ratgeben erfinderisch.

B. Mose lässt sich raten
Auch der von Gott erwählte und bevollmächtigte Mose braucht Rat – und nimmt Rat an (V. 24) – und von seinem Schwiegervater! Er spürt die Weisheit des Alters und die Liebe. Andererseits: Wer sich selber nichts mehr sagen lässt, der hat bald auch nichts mehr zu sagen.
Deutlich wird: Auch im Reich Gottes sind klare Strukturen und Ordnungen notwendig (V. 21-23). Es ist eine gut durchdachte Ordnung mit klarer Beschreibung der Aufgaben und der Verantwortung. Strukturen und Ordnungen widersprechen nicht dem Wirken des Heiligen Geistes, sondern verhindern Reibungsflächen, Ärger und unnötigen Kräfteverschleiß. Der Geist Gottes muss vielfach erst ordnen (vgl. 1Mo 1,2). Wer einmal die Struktur nachrechnet, entdeckt: Es sind 78600 Menschen als Mitarbeiter „eingestellt worden“, dabei waren nur 600 Mose direkt zugeordnet.
Klar ist auch: Arbeitsteilung ist gottgewollt. Das Ein-Mann-System ist der Ruin der Gemeinde. Gott verteilt die Gaben – also auch die Aufgaben. Vgl. 1Kor 12; 1Petr 4,10; Apg 6,1-4. Das sind klare biblische Wegweisungen. Auch wir müssen in unserer Gemeinschaft wegkommen von der Bedienungsmentalität durch wenige hin zur Dienstgemeinschaft.
Also: Mitarbeiter gewinnen mit klaren Vorgaben (V. 21). Das Leben eines Mitarbeiters ist nicht dessen Privatsache – er muss ein „Brief Christi“ sein (vgl. Apg 6,3; 1Tim 3,1ff.). Also: Es gibt Aufgaben, die wir abgeben müssen, um das Wesentliche tun zu können. Flattichs Grundregel lautete: „Zuerst das Notwendige, dann das Nützliche, dann das Schöne.“ Mose braucht Zeit für seine eigentliche Aufgabe (als Priester!): Zeit für Gott und Zeit für die Stille.
Mose lässt sich raten und setzt den Rat gezielt um (V. 24-26). Er nimmt sachliche Kritik nicht persönlich oder fühlt sich angegriffen und reagiert empfindlich. Die persönliche Empfindlichkeit ist auch unter Gläubigen heute sehr groß – eine Wirkung des Zeitgeistes (unsere Wohlstandsgesellschaft verwöhnt und erfüllt die meisten Wünsche; Überbetonung der Emotionen unter uns; Unfähigkeit, Kritik zu ertragen; Lobhudeleien ...).
Schließlich beachten wir noch, dass sich Jitro anschließend verabschiedet (V. 27). Er drängt sich nicht weiter auf, und Mose stellt ihn auch nicht als seinen hauptamtlichen Berater an. Jitro war Helfer auf Zeit. Seelsorger können auch Menschen fälschlicherweise an sich binden. Es gibt auch einen Segen durch rechtzeitigen Abschied und durch Loslassen-Können.

Fragen zum Gespräch:
· Was ist der Inhalt bei unseren Besuchen?
· Die Aufgabe der Großeltern und Schwiegereltern.
· Sind die Prioritäten in unserem Dienst klar?

Otto Schaude, Reutlingen

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
Wir machen ein Experiment: Ein einzelner Schaschlikspieß kann leicht zerbrochen werden. Mehrere Spießchen zusammen sind stabiler. Impuls: Damit keiner unter Überbelastung zusammenbricht, werden viele gebraucht. Hier sollten konkrete Möglichkeiten der Mitarbeit in der Gemeinschaft aufgezeigt werden!