Impulse zur Veranschaulichung

1. Mose 45-46 i.A.

Josef und das Werk Jesu

Die Gelehrten Israels erwarten zwei Messiasse: den Messias ben David und den Messias ben Josef (ben = Sohn). Manchmal wird auch ein Messias ben Ephraim oder ben Manasse erwähnt.
Josef ist also für die Gelehrten ein Hinweis auf den Messias. Der Messias ben David wird als Friedensmessias erwartet, der ben Josef als Kriegsmessias oder auch als Messias für die Heiden.
Der verstorbene jüdische Theologe Pinchas Lapide sagte: "Vielleicht ist er (gemeint ist Jesus) der Messias ben Josef, der Heiden. Josef hatte Ägypten errettet. Josef hatte nicht allein Ägypten gerettet, sondern auch seine Familie." Das ist der erste Hinweis auf den wirklichen Messias Jesus. Jesus ist der Retter der Welt, der Juden und der Heiden.

Vergleich Josef - Jesus
Der Weg zur Rettung beginnt in der Tiefe des Leidens und der Anfechtung. Josef wird von seinen Brüdern in die Sklaverei verkauft. Das ist ein Weg des Leidens. Er wird versucht von der Frau des Potiphar und landet unschuldig im Gefängnis. Beides ist Leid und Anfechtung.
Das Leiden Jesu beginnt gleich nach der Geburt, als Herodes ihn töten lassen wollte. Jesus wird versucht und angefochten in der Wüste. Er wird von einem Jünger verraten. Er leidet und ist angefochten im Garten Gethsemane. Er wird geschlagen, verhöhnt und gekreuzigt.
Gott hilft Josef aus Leid und Anfechtung und macht ihn nach dem Pharao zum mächtigsten Mann in Ägypten. Nun kann er seiner Familie helfen. Er hilft ihnen dadurch, dass sie ihn als ihren Bruder erkennen. Zugleich erkennen sie ihre Schuld am Bruder. Er zeigt seinen Brüdern, dass sein Weg durch Leid und Anfechtung Gottes Weg war, um ihnen zu helfen. Josef vergibt seinen Brüdern und eröffnet ihnen den Weg zu einem neuen Leben.
Jesus hat seinen Jüngern öfter erklärt, dass er leiden und sterben wird. Verstanden haben sie ihn erst später. Mitten im Leid betet er: "Vater, vergib ihnen." Er bittet für seine Feinde, für die, die ihn quälen. Jesus ist in anderer Weise als Josef erhöht worden: er ist auferstanden und gen Himmel gefahren. Dort sitzt er zur Rechten Gottes.
Josef bat den Pharao für seine Familie. Sie darf nach Ägypten ausreisen und dort leben.
Jesus, der erhöhte Herr, bittet für seine Gemeinde. Er steht für sie vor dem Vater. Er hat seiner Gemeinde zugesagt, dass er sie zu sich nehmen werde. Sie sollen sein, wo er ist.

Aufgabe:
Tabelle erstellen und den Weg von Josef und Jesus vergleichen

Gliederung Kapitel 45 und 46

Kapitel 45 ist der Höhepunkt der Josefsgeschichte: in die zerissene Familie von Jakob kehrt der Friede ein.
45, 1-15 Josef gibt sich zu erkennen
Rede Josefs: 4b-8a: Vergangenheit, 8: Gegenwart, 9-12: Zukunft
45, 16-20 Pharao lädt Jakob ein
45, 21-28 Rückkehr der Brüder zum Vater Jakob
46, 1-27 Jakob reist nach Ägypten
46, 28-34 Jakob begegnet seinem Sohn Josef

Pfarrer i. R. Franz Hruby, Aspach-Kleinaspach

Josef gibt sich seinen Brüdern zu erkennen

Thema: "Es ist nicht auszudenken, was Gott aus den Bruchstücken unsres Lebens machen kann, wenn wir sie ihm ganz überlassen." Blaise Pascal

Juda erzählt
Irgendwie bringe ich's immer noch nicht richtig sortiert und eingeordnet, was in den letzten Tagen, Wochen, Monaten alles passiert ist ... Dieses Auf und Ab - unglaublich.
Rückblick / Zusammenhang: Angefangen hat es damit, dass wir nach Ägypten ziehen mussten, um Getreide einzukaufen. Gleich beim 1. Mal war da die Sache mit unsrem Bruder Simeon, den der strenge Vizekönig da behielt, bis wir mit Benjamin, unsrem Jüngsten, zurück kämen.
Die Aufregung um den Vater, bis er Benjamin endlich mit kommen ließ. Ich - Juda - habe mich persönlich für ihn und seine Sicherheit verbürgt! Was hätte ich geahnt, dass alles so dramatisch werden würde ...
Erst der freundliche Empfang, das Essen beim Vize, Simeon, der wieder mit durfte - und dann die Sache mit dem Becher. Einfach unfassbar. Der Becher des Vizekönigs im Getreidesack unsres Benjamin!

Für mich war klar: Jetzt wird es ernst. Jetzt muss ich in die Bresche springen. Nicht so wie damals - bei unsrem Zweitjüngsten ...
Überhaupt: Die ganze Zeit über hat mich und uns alle der Gedanke an Josef verfolgt und das, was wir ihm damals angetan hatten aus purem Neid. Soll bloß noch mal einer sagen, Schuld würde sich mit der Zeit von selbst erledigen! Dass ich nicht lache - unsre Schuld war auch nach all den Jahren noch total präsent!
Jedenfalls - ich bat den gestrengen Herrn, mich an Stelle von Benjamin als Sklaven da zu behalten. Und da passierte es: Plötzlich drehte er sich um, sagte etwas auf ägyptisch zu seinem Gefolge und schickte sie allesamt raus. Dann drehte er sich wieder zu uns - und wir konnten sehen, dass er weinte. "Erkennt ihr mich denn gar nicht mehr?" fragte er. "Ich bin's doch! Josef, euer Bruder!"
Wie? Was? Alle sind wir zurück gewichen. Das konnte doch gar nicht sein! Josef? Und wenn er's doch war - dann Gnade uns! Dann würden wir jetzt wohl die verdiente Strafe bekommen. Alle miteinander konnte er uns auspeitschen lassen oder in die Sklaverei schicken oder ... Ja, wir hatten's wirklich verdient. Auch von Gott.
Josef jedoch streckte uns die Hände entgegen und rief: "Habt doch keine Angst! Ich bin nicht mehr zornig auf euch, weil ihr mich damals verkauft habt." (Ah - da war es, das schreckliche Wort!) Aber Josef sprach gleich weiter - wieder ganz Unfassliches: "Gott war in dem allem am Werk! Er hat mich sozusagen vor euch her nach Ägypten gesandt, damit ihr und viele andere gerettet würdet, selbst durch die Katastrophe der Hungerzeit hindurch."

Kann das denn sein? Kann es wirklich sein, dass Gott noch in solch schlimmen Geschehnissen am Werk ist und alles im Griff behält - trotz unsrer Schuld? Oh nein, unsre Schuld wird dadurch nicht kleiner - aber Gott umso größer. Ich staune über ihn - und über Josef. Er hat ganz offensichtlich das Vertrauen auf Gott nie wirklich verloren ... Und jetzt diese Vergebungsbereitschaft uns gegenüber!
Aber er war noch gar nicht fertig mit seiner Rede. Gleich fing er wieder vom Vater an: "Lebt er noch, der Vater? Wie geht es ihm? Hört, ihr müsst so bald wie möglich zurück. Sagt ihm, was Gott an mir getan hat. Sagt ihm in meinem Auftrag: Komm nach Ägypten - so bald wie möglich! Im Landesteil Goschen sollt ihr wohnen - mit euren Familien, euren Viehherden und allem, was ihr habt! Es sind nämlich erst 2 Jahre Hungersnot vergangen und Gott hat deutlich gezeigt, dass es insgesamt 7 sein werden. Deshalb: Beeilt euch!"
Wir standen immer noch ziemlich fassungslos da. Da fiel Josef dem Benjamin um den Hals, weinte und küsste ihn. Und dann kamen wir an die Reihe - einer nach dem andern. Jedem von uns gab er den Bruderkuss! Und auch wir konnten nur weinen - weinen und gleichzeitig aufatmen und frei sein. Die schwere Last war weg! Die Schuld war vergeben!

Ach, es gab so viel zu erzählen und nachzuholen. Aber eigentlich mussten wir dringend zurück zum Vater. Übrigens ging die ganze Geschichte ziemlich schnell bis zum Pharao. Na, kein Wunder - stellenweise weinte Josef so laut, dass man es bestimmt drei Häuser weiter noch gehört hat! Und der Pharao setzte dem Ganzen noch eins oben drauf: Wagen und Pferde sollten wir mit nehmen, damit wir den Vater und unsre Familien leichter her bringen könnten. Unseren Hausrat könnten wir dort lassen - wir würden hier alles kriegen, was wir bräuchten. Im besten Teil des Landes sollten wir wohnen usw.
Und so war es dann auch: Josef gab uns Wagen mit und Proviant für unterwegs und noch vieles mehr. Ein Festtagsgewand kriegte jeder - und Benjamin fünf. Das war gleich ein gutes Training gegen mögliche erneute Neidgedanken. Nein, hoffentlich frisst sich der Neid nie wieder Bahn in uns ...
Als Josef uns dann verabschiedete, natürlich noch mal mit vielen Grüßen an den Vater, konnte er sich nicht verkneifen uns noch nach zu rufen: "Und zankt nicht unterwegs!" Puh, das hat mich ganz schön getroffen.
Daheim versuchten wir, alles dem Vater zu erklären. Aber er war wie erstarrt und sein Herz blieb kalt. Erst als wir ihm draußen die Wagen zeigten und noch mal alles wiederholten, was Josef uns aufgetragen hatte, wurde er langsam lebendig - und dann wäre er am liebsten gleich losgezogen, um Josef ans Herz zu drücken. Ach, ich kann ihn nur zu gut verstehen...

Ja, so scheint alles noch zu einem guten Ende zu kommen. Wirklich - verdient haben wir's nicht. Aber Gott ist größer - sogar größer als unsere Schuld. Darüber kann ich nur staunen - und ihm neu vertrauen.

Marianne Gruhler, Leonberg