Markus 16,1-13

Steine vor dem Grab

Immer wieder wird behauptet, die Menschen zur Zeit Jesu seien wundergläubiger gewesen als wir heute und hätten sich deshalb die Geschichte von der Auferstehung zusammen gedichtet. Ich halte das für ein Ammenmärchen.
Wahrscheinlich ist es gerade andersherum. An welchen Unsinn glauben die Menschen heute alles! Wer an die gesundheitsfördernde Kraft unterschiedlicher (Halb-)Edelsteine glaubt, für den dürfte der Glaube an die Auferstehung Jesu eigentlich kein wirkliches Problem darstellen. Die Menschen damals waren wesentlich skeptischer. Sie glaubten nämlich zuerst einmal nicht. Die Botschaft war zu ungeheuerlich, als dass man einfach daran glauben konnte. Ihre Kraft musste sie erst einmal dadurch erweisen, dass auch die Steine vor den Herzen der Jüngerinnen und Jünger weggerollt wurden und sie an diese widerspenstige Botschaft glauben konnten.

Der Stein vor dem Grab muss weggerollt werden
Der Sabbat ist den Nachfolgerinnen von Jesus sehr lang geworden. Noch am Abend haben sie Balsamöle gekauft, um den Leichnam von Jesus einzubalsamieren. Bei Tagesanbruch sind sie mit viel Energie und großer Erwartung losgezogen. Aber in ihre Erwartung mischt sich Sorge. Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Aber ihre Sorge ist unbegründet. Wer zu Jesus kommen und ihm begegnen will, steht nie vor verschlossener Tür, selbst dann, wenn die Tür aus einem tonnenschweren Felsbrocken besteht.

Der Stein der Furcht muss weggerollt werden
Als die Frauen das Grab betreten, bekommen sie es beim Anblick des Verkündigungsengels zunächst mit der Angst zu tun. Immer wieder können wir in der Bibel lesen, dass Menschen erschrecken, wenn Engel aus der unsichtbaren Welt Gottes in die sichtbare Welt treten. Weil es aber nicht bei der Erscheinung bleibt und die Engel Gottes gnädiges Wort verkündigen, überwindet das göttliche Wort (als himmlisches und zugleich irdisch vernehmbares Wort) die menschliche Furcht. Die Frauen sind die ersten Hörerinnen des Evangeliums, der frohen Botschaft von der Auferstehung. Doch die Freude der Frauen hält sich schwer in Grenzen. Sie fürchten sich, dem Auftrag des Engels nachzukommen und den Jüngern die Botschaft zu verkündigen. Sie können es selbst noch kaum glauben und fühlen sich überfordert, gleich zu Zeuginnen gemacht zu werden.
Doch die anhaltende und nachhaltige Liebe von Jesus selbst rollt den Stein der Furcht fort. Maria Magdalena, die Jesus dankbar ist für ihre völlige Befreiung von sieben Dämonen, wird zur ersten Evangelistin – aus Liebe für die erfahrene Liebe lässt sie sich von den Jüngern für verrückt erklären.

Der Stein des Unglaubens der Jünger muss weggerollt werden
Der Unglaube der Männer ist gewöhnlich hartnäckiger als der der Frauen. Können sie es bei Maria Magdalena noch als Frauengespinst abtun – Frauen galten im Judentum sowieso nicht als rechtskräftige Zeugen –, so zählt diese Ausrede bei den beiden Emmausjüngern nicht mehr. Außerdem bezeugen es ja gleich zwei Männer, dass der Auferstandene ihnen begegnet ist. Obwohl sie Augenzeugen vieler Jesuswunder gewesen waren, sind sie nicht wundergläubig geworden. Nur Jesus selbst kann den Stein ihres Unglaubens wegrollen – indem er ihnen selbst begegnet.

Fragen zum Gespräch:
· Wo muss Jesus an Ostern bei uns Steine wegrollen?
· Was bedeutet es für uns heute, dass Menschen der Auferstehungsbotschaft damals erst glauben konnten, als sie dem Auferstandenen begegnet waren?

Pfarrer Joachim Rieger, Weinstadt-Großheppach

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
Den Text aus drei verschiedenen Perspektiven erzählen: ein Engel, eine der Frauen und ein Jünger erzählen.
Teens berichten über Ergebnisse und Erfahrungen aus der Umfrage (siehe 4.4.04). Eventuell interne Umfrage in der Gemeinschaftsstunde anschließen.