Markus 15,1-20

Von menschlichen Plänen und göttlicher Geduld

Früh am Morgen wird der Gefangene dem Vertreter der römischen Obrigkeit ausgeliefert. Sein Tod ist beschlossene Sache, aber das Urteil zur Kreuzigung darf nur von einem Vertreter Roms gesprochen werden. Warum aber wird Jesus überhaupt angeklagt? Der römische Staat war ein Rechtsstaat, und wenn man jemanden vor Gericht stellt, braucht man einen Anklagegrund. Den Grund, den der Hohe Rat gefunden hat, kennen wir schon: Gotteslästerung, weil Jesus sich als den Menschensohn (vgl. Dan 7,13-14) bezeichnet und die Priester und Ratsmitglieder diesen Anspruch nicht anerkennen. Doch das bedeutet einem römischen Beamten nichts. Aber Jesus ist nicht nur der Menschensohn und der Gottessohn, als Messias ist er auch der König Israels auf dem Thron Davids. So fragt Pilatus eben anders als der Hohepriester: „Bist du der König der Juden?“ Ja, Jesus ist es, und er streitet es nicht ab. „Du sagst es“ heißt nichts anderes als „ja“, und damit hätte Pilatus auch einen Grund, Jesus wegen Aufruhrs gegen Rom zu verurteilen.

Aus Neid und Missgunst angeklagt ...
Mehr sagt Jesus nicht. Alles, was gegen ihn vorgebracht wird, um die Anklage zu begründen, lässt Jesus einfach stehen. Er nimmt es hin wie ein Schaf, das vor seinem Scherer verstummt. Für Pilatus ist damit die rechtliche Seite klar: Jesus erwidert nichts, weil es nichts nützt, sich gegen boshafte Lügen zu verteidigen. Er durchschaut den Neid, der hinter der Anklage des Hohen Rates steht, und er weiß: Jesus ist unschuldig. Auf der menschlichen Ebene geht es um nichts anderes als Eifersucht. Die Ebene Gottes, die dahinter steht, dass der „Christus dies alles erleiden musste“, kann er natürlich nicht sehen.
Aber Pilatus kann seine Hände nicht in Unschuld waschen. Er sieht, was richtig ist, aber er versucht sich mit einem Trick aus der Affäre zu ziehen. Statt klar für die Wahrheit einzutreten: „Dieser ist unschuldig, ich werde ihn nicht verurteilen“, versucht er den „Kuhhandel“ mit dem Mörder Barabbas. Er möchte sich die einflussreichen Mitglieder des Hohen Rates nicht zu Feinden machen. Das ist ihm schließlich doch wichtiger als die Frage danach, ob Jesus unschuldig ist.

Das Volk aufgehetzt ...
Damit auch ja keiner Jesus frei bittet, stacheln die Ratsmitglieder das Volk auf. Viele, die noch wenige Tage zuvor „Hosianna“ riefen, schreien jetzt: „Kreuzige ihn!“ Begeisterung schlägt schnell in Enttäuschung um, wenn nicht alles so kommt, wie man es sich vorstellt. Warum wehrt Jesus sich nicht gegen den verhassten Römer? Warum lässt er sich das alles gefallen? Vielleicht ist er ja doch nicht der erhoffte Messias, sondern tatsächlich ein Gotteslästerer, wie der Hohe Rat sagt. Die Menschen verstehen die Geduld Jesu als Schwäche und wenden sich ab.

Den Soldaten ausgeliefert ...
Auch die römischen Soldaten haben noch ihren „Spaß“ mit Jesus. Derber Spott und Grobheiten, Schläge und schlimme Verletzungen durch die Dornenkrone: Alles lässt Jesus über sich ergehen, erträgt es in Geduld und wehrt sich nicht.

... damit Gott zum Ziel kommt
Was für die Juden wie menschliche Schwäche und Hilflosigkeit aussieht und für Pilatus wie eine politische Entscheidung aus Neid und Missgunst, das ist in Wahrheit der Weg, den Gott seinen Sohn um der Schuld der Welt willen gehen lässt. Das Ziel Gottes ist, Gemeinschaft mit den Menschen zu haben und die Schuldfrage zu lösen. Jesus gibt sein Leben als Lösegeld, damit alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden und neues Leben aus Gott haben können. Diesem Ziel Gottes müssen sich die Wünsche der Menschen unterordnen, sonst sind Enttäuschungen und Missverständnisse vorprogrammiert.

Fragen zum Gespräch:
· Passiert es, dass ich um des lieben Friedens willen das, was richtig ist, verschweige?
· Betrachte ich Gottes Geduld manchmal als Schwäche oder Unfähigkeit?
· Lasse ich mir mein Lebensziel von Gott geben, oder dränge ich Gott meine Ziele auf?

Thorsten Müller, Göppingen

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
Ja - Nein - Stuhl: Zwei Stühle stehen in einigem Abstand da, auf einem ein JA-Schild, auf dem anderen ein NEIN-Schild. Nun treten immer zwei Kinder gegeneinander an. Ihnen werden Fragen gestellt (allgemeiner Art oder zum Text), die nur mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Möglichst schnell müssen sie sich entscheiden und auf einem der beiden Stühle sitzen.
Impuls: Das Volk damals musste eine Entscheidung treffen - für Jesus oder Barabbas. Auch von uns ist immer wieder eine klare Entscheidung gefordert!
Teens verfassen ein Protestschreiben an Pilatus (oder Amnesty International) wegen Justizirrtum.
Anstoß: Mit welchen legalen Mitteln gegen Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch können wir vorgehen (vgl. idea-Serie: Gefangene des Monats)? Warum tun wir’s, warum tun wir’s nicht?
ACHTUNG! Aufgabe an Teens oder ältere Jungscharler für Ostern: Umfrage zu Ostern/Auferstehung durchführen: Was verbinden Menschen damit? Fragen: „Was bedeutet Ihnen Ostern? Glauben Sie, dass Jesus auferstanden ist?“