Matthäus 17, 14 - 27

Der Text besteht aus drei Einzelabschnitten. Die zweite Ankündigung von Jesu Leiden und Sterben ist umrahmt von zwei Wundererzählungen. Aber in beiden Wundererzählungen ist der Schwerpunkt nicht das besondere Handeln Jesu, sondern die Situation, in der es stattfindet und das Gespräch, das dazu gehört.

Die Heilung
Der Vater eines mondsüchtigen Kindes fällt Jesus vor die Füße. Gerade ist Jesus vom Berg der Verklärung mit seinen drei Jüngern zurück, da überfällt sie alle wieder der Alltag: die Bitte, ein Kind zu heilen. Mondsucht ist eine der vielen Bezeichnungen, die für die Epilepsie verwendet wurden. Auch Fallsucht wird diese Krankheit genannt (Epilepsie bedeutet wörtlich: sich an etwas stoßen), denn während der Anfälle fallen die Erkrankten oft hin und können sich dabei ernsthaft verletzten. So auch der Knabe: Er fällt ins Wasser oder ins Feuer, seine Krankheit ist für ihn lebensgefährlich. Zunächst will der Vater Jesus nicht belästigen. Auch die 12 Jünger sind ja bevollmächtigt, Kranke zu heilen und Geister auszutreiben. Aber sie können dem Kind nicht helfen. Darüber bricht Jesus in einen Verzweiflungsschrei aus. Der Unglaube der Menschen ist mit dafür verantwortlich, dass die Jünger dem Kind nicht helfen können. Aber, so zeigt das folgende Gespräch mit den Jüngern, die Jünger selbst waren auch kleingläubig. Deshalb, so sagt ihnen Jesus, konnten sie den Geist der Krankheit nicht vertreiben. Kleinglaube ist etwas anderes als Unglaube. Unglaube lehnt Jesus und seine Sendung, ja die Herrschaft Gottes überhaupt ab. Der Kleinglaube weiß das alles wohl, aber er rechnet nicht mit den Möglichkeiten Gottes. Wer kleingläubig ist, sieht auf die Dürftigkeit und Schwäche der eigenen Möglichkeiten. Der Kleinglaube verzweifelt am Gottesdienstbesuch, der immer weiter zurückgeht. Er sucht nach menschlichen Mitteln und Wegen, dem zu begegnen. Der Glaube wie ein Senfkorn (also auch ein "kleiner" Glaube), den Jesus dagegenhält, ist ein echter Glaube. Senfkornglaube sieht von uns Menschen und unseren Schwächen weg auf die großen Möglichkeiten Gottes. Darum geht es: Auf Jesus sehen.

Das Leiden
Danach kündigt Jesus zum zweiten Mal sein Leiden und seine Auferstehung an. Aber er dringt nicht zu seinen Jüngern durch. Sie widersetzten sich zwar nicht, wie Petrus es beim ersten Mal tat, aber sie werden "sehr betrübt". Sie verstehen diesen Weg des Menschensohns einfach nicht. Leiden und Sterben scheint für sie das Ende zu sein. Obwohl Jesus auch von seiner Auferstehung spricht, begreifen die Jünger das Ganze nicht. Von der Totenauferstehung zu reden, wird erst nach Ostern verständlich. Ohne die Begegnung mit dem Auferstandenen können die Jünger nicht erfassen, was Jesus ihnen sagen will.
Auch für die Verkündigung heute gilt das genauso. Wo Jesus nicht selbst sich einem Menschen offenbart, da bleibt das Geheimnis von Kreuz und Auferstehung verschlossen, es bleibt, was es immer war: Ärgernis und Torheit.

Die Tempelsteuer
Auch nach der Leidensankündigung geht das Leben weiter. In Kapernaum wird Petrus gefragt, ob Jesus die Tempelsteuer zahlt. Es geht nicht um staatliche Steuern, sondern um die Abgaben, die zur Finanzierung des Opferdienstes im Tempel notwendig sind. Die Antwort ist: Ja, Jesus gibt diese Steuer. Jesus reagiert darauf mit einem weiteren Gespräch. Zahlen Prinzen eigentlich Steuern? Nein, natürlich nicht. Der König erhebt seine Steuern von seinen Untertanen, aber nicht von seiner Familie. In der Zeit des römischen Reichs war es vielfach auch so, dass für die römischen Bürger viele Steuern und Zölle nicht verpflichtend waren. Nur die Untertanen in den Provinzen, die meistens keine römischen Staatsbürger waren, mussten Steuern und Wegezölle entrichten.
Jesus folgert: Wir müssen also auch keine Tempelsteuer zahlen, wenn wir Kinder Gottes sind. Wer Kind des höchsten Königs ist, ist von der Zahlungspflicht freigestellt. Wer Kind Gottes ist, ist überhaupt von jeder geistlich-moralischen Verpflichtung frei. Aus Liebe, damit niemand Anstoß nimmt, zahlt Jesus die Tempelsteuer trotzdem. Er schickt Petrus zum Fischen, damit der auf diese Weise das nötige Geld erwirbt.
Nur aus Liebe zum Nächsten, aus Liebe zur Ordnung heraus fügen sich Christen in bestehende Ordnungen ein. Verpflichtet sind wir nicht, aber die Liebe Gottes, die in uns wirkt, treibt uns zu Taten der Liebe. Dazu gehört auch, keinen unnötigen Anstoß zu erregen.

Fragen zum Gespräch
· Wo ist unser Glaube "Kleinglaube"? Wie kann daraus "Senfkornglaube" werden?
· Wo begegnen wir dem Auferstandenen, und wo lassen wir uns von ihm Augen und Herz öffnen?
· Sind wir uns bewusst, dass wir als Gotteskinder die höchste Freiheit haben?
· Leben wir unsere geistliche Freiheit in Liebe oder in Selbstsucht?

Thorsten Müller, Göppingen