Apostelgeschichte 5,17-42

Gott mehr gehorchen
Der große Zulauf der jungen Gemeinde führte zwangsläufig dazu, dass die Religionswächter ihren Führungsanspruch gefährdet sahen. Konflikte mit staatlichen Institutionen waren und sind unvermeidlich, wenn diese über die göttliche Wahrheit bestimmen zu können meinen.

Macht gegen Recht
Eifersucht ist das eigentliche Motiv, das die Gegner der jungen, aufstrebenden Gemeinde antreibt. Das findet sich auch heute immer wieder, wenn neben einer bestehenden Gemeinde eine neue, andere stark wird – unabhängig von der Frage der Berechtigung. Aber hier sah sich die führende Partei der Sadduzäer auch in ihrem Selbstverständnis berührt, die staatstragende Kraft und damit für Wohl und Wehe des Volkes im politischen wie im religiösen Sinn verantwortlich zu sein. Allerdings überschreiten sie hier eindeutig die Rechtsgrundlage, insofern die (im Einzelnen nicht näher bezeichneten) Apostel in einer illegalen Aktion verhaftet werden. Ein derartiger Machtmissbrauch ist bezeichnend, wenn Machthaber den Boden unter ihren Füßen wegrollen spüren.

Das Evangelium lässt sich nicht einsperren
Auch wenn es so aussieht: Es geht nicht um die Apostel, sondern es geht um die Botschaft des Evangeliums, die sie repräsentieren. Das Evangelium soll hier hinter Gefängnismauern! Aber schon immer hat sich das Evangelium als stärker erwiesen. Es kann nicht eingesperrt werden. Wo Gottes Wort wahrgenommen, gehört, gelesen wird, werden Ketten gesprengt, Fesseln gelöst, Bindungen aufgehoben. Es kann gar nicht anders sein, als dass die Apostel nach ihrer Befreiung sofort wieder öffentlich im Tempel predigen. Wo die Menschen aus dem ganzen Land zusammenkommen, machen sie weiter das Evangelium bekannt, ohne danach zu fragen, was sie damit riskieren.

An Gottes Wort gebundenes Gewissen
Tatsächlich riskieren die Apostel ihr Leben, denn sie fordern die Machthaber heraus, die ihnen ausdrücklich Redeverbot erteilt hatten. Ihre aus der Sicht des Hohen Rates offensichtliche Unbelehrbarkeit löst erst recht Unmut und nun Entschlossenheit zum radikalen Durchgreifen aus. Dies umso mehr, als Petrus es wagt, den Gehorsam gegen Gottes Gebot über die staatserhaltende Vernunft zu stellen. Es ist ähnlich wie beim Prozess gegen Jesus: Es ist besser, dass einer – hier einige wenige – anstelle des Volkes sterben. Dennoch: Gottes Gebot steht über allem. Der Mut des Petrus hat viele andere im Lauf der Kirchengeschichte dazu ermutigt, sich nicht beirren zu lassen und wie er hinzustehen, auch wenn – wie bei Martin Luther in Worms – der Kaiser und ein ganzer Reichstag gegen ihn stehen. Allerdings darf V. 29 nicht missbraucht werden, um persönliche Ansichten rechtfertigen und durchsetzen zu wollen. Man kann es sich auch sehr einfach machen, indem man Andersdenkende von vornherein als gegen Gott stehend deklariert. V. 29 ist kein Machtinstrument, sondern weist uns an die höchste Macht. Wer sich darauf beruft, macht sich einsam.

Wahre Weisheit prüft vor einem Urteil
Der sprichwörtlich gewordene Rat des Gamaliel hat mit Weisheit zu tun. Wahre Weisheit kommt aus der Gottesfurcht (Ps 111,10; Spr 1,7; 9,10; Sir 1,16). Gamaliel sprach nicht als Sympathisant der jungen Gemeinde, sondern als Gelehrter in der Verantwortung vor Gott. Auch im christlichen Bereich hat sich dieser Rat inzwischen immer wieder bewährt. Gegen Gott kann man nichts tun. Was er bestätigt – auch durch Tiefen hindurch –, darauf liegt Segen. Von diesem Segen und der damit verbundenen Freude (V. 41f) leben wir bis heute.

Fragen zum Gespräch:
· Wie verhält sich V. 29 zum geforderten Gehorsam gegenüber der Obrigkeit in Röm 13,1ff?
· Was tragen wir dazu bei, dass das Evangelium zur Sprache kommt – oder verschwiegen wird?!
· Was hat der Rat des Gamaliel mit „Toleranz“ zu tun?

Dekan Claus-Dieter Stoll

Impulse zur Veranschaulichung für Erwachsene und Kinder:
· Einige Verse von Dietrich Bonhoeffers Lied „Von guten Mächten…“ singen und kurz erzählen, in welcher Situation es entstand: um die Jahreswende 44/45 im Gefängnis in Berlin-Tegel, wo Bonhoeffer um seines Glaubens willen einsaß.
· Lattenzaun (s.13.7.) erweitern