2.Mose 1,1-22

Israels Bedrückung in Ägypten

Vorbemerkung: Mit diesem Text beginnen wir die Mosegeschichte. Es ist wichtig, dass man sich zunächst mit dem Gesamtzusammenhang und dem Überblick beschäftigt und auch die Hörer in diesen Zusammenhang einleitend hineinnimmt (siehe vorstehender Artikel). Hilfreich könnte sein, wenn eine Person besonders dazu beauftragt wird, eine Einführung zu geben und vor allem den Zusammenhang mit den Erzvätergeschichten aufzuzeigen (Einführung, Teil I).

1. Gott macht weiter (V. 1-7)
· Im Hebräischen fängt das 2.Buch Mose mit „Und“ an. Es wird zunächst zurückgeblendet, denn Gott handelt von Alters her. Gott hat einen „roten Faden“.
· Gott segnet sein Volk in der Fremde. Die Ghettosituation in Ägypten (1.Mose 46,34) lässt Israel von einer Großfamilie zu einem Volk heranwachsen. Gott löst die erste Verheißung an Abraham ein: „Ich will dich zum großen Volk machen“ (1.Mose 12,2; vgl. 1.Mose 46,3).
· Freilich: Gott hat Zeit – gut 400 Jahre (1.Mose 15,13; 2.Mose 12,40). Wie viel Beten, Warten und Hoffen steckt in dieser Zeit!

2. Wachstum trotz Unterdrückung (V. 8-14)
· Eine „neue Zeit“ bricht an. Eine Revolution in Ägypten bringt eine neue Dynastie ans Ruder und vertreibt die den Israeliten wohlgesonnenen Hyksos-Könige. Alle Erinnerungen an die Vergangenheit werden ausgelöscht!
· Die Geschichtsvergessenheit war schon immer vom Übel und bewirkt unweigerlich Fehlentscheidungen in der Politik, denn „das Einzige, was der Mensch aus der Geschichte lernt, ist, dass er nichts lernt“ (Konrad Adenauer).
· Das „Nicht-Wissen“ eines einzelnen Führers (Pharao) wird zum Irrweg für ein ganzes Volk – das Wissen eines Einzelnen kann zum Segen für ein ganzes Volk werden (z.B. Martin Luther). Wie bedeutend ist die Führung eines Volkes – auch des Gottesvolkes (vgl. Richt 21,25). In den heilsgeschichtlichen Entwicklungen ist nicht immer die Mehrheit entscheidend – Gott kann durch wenige Menschen viel bewirken.
· Pharao wendet zuerst List an, dann setzt er auf Macht. Sie ist begründet in der Herrschsucht und in der Angst vor dem Verlust der Herrschaft. Solche Angst weltlicher Herrscher hat schon viel Not mit sich gebracht: Sie haben die absolute Macht und zugleich die unheilvolle Angst, diese Macht zu verlieren (siehe dazu Matth 20,25-28!). Pharao baut ein ganzes Unterdrückungssystem auf (V. 11), wie man das von allen Diktatoren der Geschichte her kennt.
· Ohne Zweifel lässt Gott diese Leidenszeit über Israel heraufkommen, damit sie innerlich losgelöst werden von Ägypten; denn zunächst war es ihnen dort sehr wohl ergangen in der Zeit von Josef und danach, und sie konnten am Reichtum Ägyptens teilhaben. Ägypten war jedoch nicht ihre Heimat!
“Warum es so viel Leiden, so kurzes Glück nur gibt?
Dass nicht vergessen werde, was man so leicht vergisst, dass diese arme Erde nicht unsre Heimat ist.“ (GL 679,2-3)
· Doch Gott segnet sein Volk mitten in der Verfolgung (V. 12). Der Druck wird stärker – der Segen wird stärker. Wir erleben hier eine eigenartige geistliche Gesetzmäßigkeit (vgl. auch 1.Mose 50,20). Wie tröstlich, dass Gott aus allem Bösen Gutes entstehen lassen kann und auch die Weltpolitik brutaler Herrscher einspannt. Die Beispiele aus jüngster Zeit verdeutlichen dies: Siehe Christenverfolgungen in der UdSSR und China. (In China gab es 1949 ca. eine halbe Million Christen, eine Generation später nach Maos Kulturrevolution ca. 15-25 Millionen! · Doch: Wo Gottes Segen wächst, verstärkt der Gegner seine Truppen (V. 13-14). Zu allen Zeiten war also: Wo das Reich Gottes wächst, wächst auch der Widerstand oft bis hin zur brutalen Verfolgung.

3. Gottesfurcht ist eine bewahrende Kraft (V. 15-21)
· Welch teuflischer Plan: V. 15/16. So reagiert der Mensch, wenn sein Wille nicht erfüllt wird: Was im Wege steht, muss weg!
· Wie aktuell ist dieser Text doch heute:
Geburtenkontrolle! Was damals nach der Geburt geschah, geschieht heute schon vor der Geburt, weil es technisch-medizinisch möglich ist! Von diesem Text her fällt ein ganz neues Licht auf die Debatte zur Tötung ungeborenen Lebens!
· Gottesfürchtige Menschen freilich reagieren anders: „Aber“. Vorbild des Glaubens! So schlicht steht es da: „Aber die Hebammen fürchteten Gott und taten nicht, wie der König von Ägypten gesagt hatte“ (V. 17). Freilich: Hinter diesem Glaubensmut lauerte die Todesgefahr und der Zorn es Pharao. Doch Gott hält seine bewahrende Hand darüber, denn auf dem Gehorsam liegt der Segen (V.20/21).
· Es ist bedeutend, dass die Hebammen mit Namen genannt sind: Gott macht durch sie Geschichte! (Pharao bleibt namenlos, ebenso der reiche Mann und auch der reiche Jüngling!). Schifra bedeutet „Schönheit“ und Pua „Glanz“. Gottesfurcht gibt einem Menschen Schönheit und Glanz! Die Hebammen waren zwei Personen, die nicht in die weltliche Geschichte eingingen und keine Orden erhielten – aber mit denen Gott Geschichte machte. Und Gott handelt auch heute durch Personen, die ihm vertrauensvoll ergeben sind. Nicht eine allgemeine Mitmenschlichkeit hinderte sie daran, die befohlenen Morde zu begehen; auch nicht das ärztliche Berufsethos – diese „Hemmungen“ können unter menschlichem Druck schnell dahinschwinden. Nein: Die Gottesfurcht gab den Frauen die Kraft zum Widerstand. (Vgl. 1.Mose 39,9).
· Gottesfurcht bedeutet: Gott über alle Dinge fürchten, lieben und ihm vertrauen“ (Martin Luther).
- Fürchten: Tiefe Ehrfurcht Gott gegenüber, denn er ist der Herr des Lebens.
- Lieben: Ihm vertrauen, denn er wird es gut machen (Ps 37,5/V. 20).
Weil die Hebammen vor Gott standen, konnten sie auch vor dem weltlichen Herrscher standhaft bleiben. Weil sie Gott fürchteten, konnten sie Menschen widerstehen.

4. Satans Kampf gegen das Gottesvolk
Er ist hier treffend in den Methoden geschildert, denn Pharao schattet hier als Gegner Israels den Widersacher des Gottesvolkes ab.
· Satan kennt den Heilsplan Gottes. Deshalb will er ihn unterlaufen und von Anfang an zunichte machen. Deshalb greift er sofort ein (wie die Schlange im Paradies oder wie Herodes nach Jesu Geburt).
· Die Sklaverei ist in der Bibel immer neu ein Bild dafür, dass der „Fürst dieser Welt“ die Menschen versklavt und bindet. Das Thema menschlicher Herrscher: Sklaverei und Unterdrückung. Das Thema von Gott: Freiheit (Joh 8,36), Bewahrung (V. 12) und Rettung.
· Satan fängt immer zunächst mit List an (V. 10/vgl. 1.Mose 3,1). Wenn das nicht zum Ziele führt, folgt ein offener Angriff – eben Gewaltanwendung (V. 13-14), denn “groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist“ (GL 461,1). Die Machtanwendung eskaliert dabei: V. 11 – 13/14 – 16 – 22.
Das Ziel ist die Ausrottung des Gottesvolkes. In dieser Weise war Israel von Anfang an zu allen Zeiten umkämpft – bis heute. Von daher fällt auch manches Licht auf gegenwärtige weltpolitische Ereignisse um Israel. Freilich gilt diese Gesetzmäßigkeit gerade auch dem neutestamentlichen Gottesvolk – der Gemeinde Jesu.
· Wenn Satan schon die Erfüllung der Verheißung I (Volk) nicht vermeiden konnte, so sollte doch die Erfüllung der Verheißung II (Land) verhindert werden. Doch: Gerade seine Methode der Unterdrückung des Gottesvolkes beschleunigte die Erfüllung dieser Verheißung! Freilich: Israel hatte zunächst dieser politischen Entwicklung gar nichts entgegenzusetzen. Da war keine Widerstandsbewegung und die Knabenmordaktion des Pharao bewirkte keinen organisierten Widerstand. „Was da in Ägypten übrig war von Abrahams Nachkommen, das war politisch gesehen nur ein Totenfeld. Ein Totenfeld ist der Anfang der Geschichte Israels. Wenn aus Israel etwas geworden ist, dann nur deshalb, weil über der Geschichte dieses Volkes der steht, der Leben aus den Toten wecken kann.“ (Immanuel Grözinger).

Fragen zum Text:
· Welche Beispiele können wir heute nennen im Blick auf V. 12?
· Gottesfurcht heute – wo ist sie ganz akut gefragt?
· Bedenke das „Nichtwissen“ von Regierenden heute und den Irrweg von Völkern.

Otto Schaude, Reutlingen

Impulse zur Veranschaulichung für Erwachsene und Kinder:
Zur Mose-Geschichte gesamt: Um den roten Faden durch Moses Leben zu verdeutlichen (Gott hat einen Plan!), wird im Raum ein rotes Seil gespannt, an dem jedes Mal ein weiteres Symbol zur Mosegeschichte aufgehängt wird.
Symbol für die 1. Geschichte: ausgeschnittene Pyramide oder eine Peitsche (Sklaverei).
Wichtig: an der Josefsgeschichte anknüpfen!